[update] Griechische Gewerkschaft der Bankbeschäftigten (OTOE) ruft zu Streik am 6. Mai auf
[Update 6.5. - 18 Uhr] In Athen waren nach Angaben
von Gewerkschaften mehr als 200.000 ArbeiterInnen auf der Straße.
Während des ganzen Tages lieferten sich Polizei und große Gruppen von
wütenden Einwohnern immer wieder heftigste Auseinandersetzungen. In
Thessaloniki zogen 50.000 Streikende durch die Stadt und zerstörten in
der zweitgrößten griechischen Stadt mehrere dutzend Banken und
Niederlassungen von Konzernen. In Patras schlossen sich Traktoren und
die Fahrer der Müllabfuhr einer Demonstration von mehr als 20.000
Leuten, in der Verlauf im Stadtzentrum Barrikaden errichtet wurden. Es
kam zu mehrstündigen Auseinandersetzungen mit der Polizei. Auch in
Ioannina griffen DemonstrantInnen Banken und Konzern-Niederlassungen
an. In Heraklion waren mehr als 10.000 Leute auf der Straße. In Corfu
wurde das Verwaltungszentrum besetzt, ebenso in Naxos und in Naoussa
das Rathaus.
Zu einem tragischen Zwischenfall kam es am Morgen in Athen, als ein
Feuer in einer Filiale der Marfin Bank ausbrach. Drei Beschäftigte
kamen durch giftige Dämpfe ums Leben, den anderen gelang es, aus dem
oberen Stockwerk des Gebäudes über einen Laternenmast auf die Straße zu
klettern oder sich auf die Balkons im Obergeschoss des Gebäudes zu
retten.
Dass sich zu diesem Zeitpunkt überhaupt Beschäftigte in der Bank
befanden, liegt nach Angaben von GewerkschafterInnen daran, dass ihnen
von der Firmenleitung mit Kündigung für den Fall gedroht worden sei,
dass sie nicht zur Arbeit erscheinen und sich stattdessen am
Generalstreik beteiligen sollten. Diese Drohung ist umso
ungeheuerlicher, als sich die betreffende Filiale der Bank an einer
Demonstrationsroute befindet. In Griechenland ist es üblich, solche
Banken zu schließen, da sie jedes Jahr dutzendfach aus Demonstrationen
heraus angegriffen werden.
Darüber, wie das Feuer im Eingangsbereich entstanden ist, gibt es
unterschiedliche Angaben. Zwar behauptete jemand gesehen zu haben, wie
während der Auseinandersetzungen eine Blendschockgranate der Polizei in
das Gebäude eingeschlagen sei. Wahrscheinlicher ist aber, dass der
Eingangsbereich der Bank durch eine brennbare Flüssigkeit vorsätzlich
in Brand gesetzt wurde. In einem Blog beschreibt ein
Demonstrationsteilnehmer, die Schalterräume der Bank seien leer
gewesen, als die Demonstration vorüberzog. Jemand aus einer Gruppe am
Rande der Demonstration habe eine Scheibe eingeschlagen, eine brennbare
Flüssigkeit hineinlaufen lassen und sie dann angezündet. Aus den
hinteren Räumen seien Angestellte nach vorne gelaufen gekommen und
hätten gerufen, man solle den den Brand löschen. Leute hätten versucht,
das Feuer zu ersticken und ins Gebäude zu gelangen. Alle Eingänge seien
jedoch verschlossen gewesen. Ein anderer Augenzeuge berichtete auf
Indymedia Athen, dass DemonstrantInnen versucht hätten, die
Sicherheitsglas-Scheiben einzuschlagen, um die eingeschlossenen
Bankangestellten zu befreien, dabei aber von der Polizei angegriffen
worden seien und davon, dass der einzige mögliche Fluchtweg durch ein
Fallgitter verschlossen gewesen sei, das sich nicht öffnen ließ.
Ebenfalls auf Indymedia Athen hat mittlerweile ein Angestellter der Marfin Bank
schwere Vorwürfe gegen die Firma erhoben, weil es in der betroffenen
Filiale nur unzureichende Sicherheitsmaßnahmen für einen Brandfall
gegeben haben soll. So habe es u.a. weder ausreichende Installationen
zur Brandbekämpfung gegeben, noch einen Fluchtweg aus dem Gebäude. Die
Bankangestellten hätten somit im Falle eines größeren Brandes weder die
Möglichkeit gehabt, eine Feuer zu löschen, noch eine Chance, sich aus
dem Gebäude zu befreien. Es habe außerdem keinen hinterlegten
Brandschutzplan gegeben, so dass die Feuerwehr zunächst mit einem
Einsatzfahrzeug angerückt, sei, das nur über ein kleine Handleiter
verfügte, die zu kurz gewesen sei, um die Balkons im ersten Stock des
Gebäudes zu erreichen. Im Netz ist zwischenzeitlich ein Video
aufgetaucht, in dem wütende AnwohnerInnen den Chef der Bank bei einer
Ortsbesichtigung unter massivem Polizeischutz als Mörder beschimpfen.
Die Gewerkschaft der Bankbeschäftigten (OTOE) verurteilte gegenüber der Nachrichtenagentur AP
„kategorisch diejenigen, die derartige Gewalttaten begehen.“ Ein
Sprecher der Gewerkschaft fügte hinzu: „aber dieses tragische Ereignis,
dass drei unserer KollegInnen das Leben nahm ... ist die traurige
Konsequenz der gegen das Volk gerichteten Maßnahmen, welche die Wut der
Offentlichkeit und den Protest von hunderttausenden Menschen entfacht
haben.“ Die Gewerkschaft beschuldigte Politiker, die Polizei und das
Management der Bank „moralisch verantwortlich“ für die Toten zu sein.
Bei den griechischen Basisgewerkschaften befürchtet man, dass die
Regierung u.a. versuchen wird, die sich ausbreitende Protestwelle durch
Angriffe auf die Infrastruktur der Protestbewegung einzudämmen. Eine
Befürchtung, die nicht unbegründet zu sein scheint. So gab es heute auf
youtube.com einen Clip
zu sehen, der Polizisten dabei zeigt, wie sie die Scheiben eines linken
Cafés einzuschlagen versuchen. Am Mittag des 5. Mai stürmte die Polizei
u.a. ein Schutzprojekt für Flüchtlinge im Stadtteil Exarchia. Dabei gab es mehrere Verletzte.
In der BRD gab es am 5. Mai Solidaritätskundgebungen mit dem
Generalstreik in Griechenland vor griechischen diplomatischen
Einrichtungen in Berlin und Köln.
Weite Quellen und Informationen |
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Artikelaktionen
Hintergrund Brandstiftungen
Es gibt also viele Vermutungen. Die Behauptung, dass es auf jeden Fall die Demonstraten waren taucht so vehement nur in deutschen Medien (Springer, Spiegel, dpa) auf.
Hintergründe zu den Toten in Athen
ruft zu Streik am 6. Mai auf
Die griechische Gewerkschaft der Bankbeschäftigten (OTOE) hat für den
6. Mai 2010 zu einem landesweiten Streik wegen des Todes von drei
Bankangestellten in Athen während des Generalstreiks am 5. Mai
aufgerufen. Die Gewerkschaft gibt der Management der Bank und der
Polizei die Schuld am Tod ihrer KollegInnen, die durch giftige Dämpfe
infolge eines Brandes in einer Filiale an einer Demonstrationsroute
ums Leben gekommen sind. Am 5. Mai hatten überall in Griechenland
hundertausende von ArbeiterInnen gegen die Sanierung der
Staatsfinanzen auf dem Rücken der Beschäftigen und RentnerInnen
protestiert. Dabei kam es in vielen Städten zu wütenden Angriffen auf
Symbole der Staatsmacht, dutzende von Banken und Konzernfilialen.
Viele der Kundgebungen wurden von der Polizei mit Tränengas,
Blendschock-Granaten und Knüppeln attackiert. Die griechische Polizei
hat am Abend Kontrollpunkte an allen Zugängen zum Athener Stadtzentrum
errichtet und mehrere besetzte Häuser und Projekte im Stadtteil
Exarchia angegriffen.
In Athen waren nach Angaben von Gewerkschaften mehr als 200.000
ArbeiterInnen auf der Straße. Während des ganzen Tages lieferten sich
Polizei und große Gruppen von wütenden Einwohnern immer wieder
heftigte Auseinandersetzungen. In Thessaloniki zogenm 50.000
Streikende durch die Stadt und zerstörten in der zweitgrößten
griechischen Stadt mehrere dutzend Banken und Niederlassungen von
Konzernen. In Patras schlossen sich Traktoren und die Fahrer der
Müllabfuhr einer Demonstration von mehr als 20.000 Leuten, in der
Verlauf im Stadtzentrum Barrikaden errichtet wurden. Es kam zu
mehrstündugen Auseinandersetzungen mit der Polizei. Auch in Ioannina
griffen DemonstrantInnen Banken und Konzern-Niederlassungen an. In
Heraklion waren mehr als 10.000 Leute auf der Straße. In Corfu wurde
das Verwaltungszentrum besetzt, ebenso in Naxos und in Naoussa das
Rathaus.
Zu einem tragischen Zwischenfall kam es am Morgen in Athen, als ein
Feuer in einer Filiale der Marfin Bank ausbrach. Drei Beschäftigte
kamen durch giftige Dämpfe ums Leben, den anderen gelang es, aus einem
oberen Stockwerk des Gebäudes über einen Laternenmast auf die Straße
zu klettern.
Dass sich zu diesem Zeitpunkt überhaupt Beschäftigte in der Bank
befanden, liegt nach Angaben von GewerkschafterInnen daran, dass ihnen
von der Firmenleitung mit Kündigung für den Fall gedroht worden sei,
dass sie nicht zur Arbeit erscheinen und sich stattdessen am
Generalstreik beteiligen sollten. Diese Drohung ist umso
ungeheuerlicher, als sich die betreffende Filiale der Bank an einer
Demonstrationsroute befindet. In Griechenland ist es üblich, solche
Banken zu schließen, da sie jedes Jahr dutzendfach aus Demonstrationen
heraus angegriffen werden.
Darüber, wie das Feuer im Eingangsbereich entstanden ist, gibt es
unterschiedliche Angaben. Zwar behauptete jemand gesehen zu haben, wie
während der Auseinandersetzungen eine Blendschockgranate der Polizei
in das Gebäude eingeschlagen sei. Wahrscheinlicher ist aber, dass es
eine Brandflasche war, die den Eingangsbereich der Bank in Brand
setzte. In einem Blog beschreibt ein Demonstrationsteilnehmer, die
Schalterräume der Bank seien leer gewesen, als die Demonstration
vorüberzog. Niemand habe gewusst, dass die Bank auch über Büroräume im
ersten Stock verfügt habe, in denen sich Angestellte befanden. Als
diese von den oberen Fenster aus den DemonstrantInnen zugerufen
hätten, dass sich Menschen im Gebäude befinden, hätten Leute versucht,
das Feuer zu ersticken und ins Gebäude zu gelangen. Alle Eingänge
seien jedoch verschlossen gewesen. Ein anderer Augenzeuge berichtete
auf Indymedia Athen, dass DemonstrantInnen versucht hätten, die
Sicherheitsglas-Scheiben einzuschlagen, um die eingeschlossenen
Bankangestellten zu befreien, dabei aber von der Polizei angegriffen
worden seien und davon, dass der einzige mögliche Fluchtweg durch ein
Fallgitter verschlossen gewesen sei, das sich nicht öffnen ließ.
Ebenfalls auf Indymedia Athen hat mittlerweile ein Angestellter der
Marfin Bank schwere Vorwürfe gegen die Firma erhoben, weil es in der
betroffenen Filiale nur unzureichende Sicherheitsmaßnahmen für einen
Brandfall gegeben haben soll. So habe es u.a. weder ausreichende
Installationen zur Brandbekämpfung gegeben, noch einen Fluchtweg aus
dem Gebäude. Die Bankangestellten hätten somit im Falle eines größeren
Brandes weder die Möglichkeit gehabt, eine Feuer zu löschen, noch eine
Chance, sich aus dem Gebäude zu befreien. Es habe außerdem keinen
hinterlegten Brandschutzplan gegeben, so dass die Feuerwehr zunächst
mit einem Einsatzfahrzeug angerückt, sei, dessen Leiter zu kurz
gewesen sei.
Im Netz ist zwischenzeitlich ein Video aufgetaucht, in dem wütende
AnwohnerInnen den Chef der Bank bei einer Ortsbesichtigung unter
massivem Polizeischutz als Mörder beschimpfen. Auch die Gewerkschaft
der Bankbeschäftigten (OTOE) gibt dem Management und der Polizei die
Schuld am Tod der drei Bankangestellten und wirft der Politik vor,
politisches Kapital aus dem traurigen Ereignis schlagen zu wollen.
Bei den griechischen Basisgewerkschaften befürchtet man, dass die
Regierung u.a. versuchen wird, die sich ausbreitende Protestwelle
durch Angriffe auf die Infrastruktur der Protestbewegung einzudämmen.
Eine Befürchtung, die nicht unbegründet zu sein scheint. So gab es
heute auf youtube.com einen Clip zu sehen, der Polizisten dabei zeigt,
wie sie die Scheiben eines linken Cafes einzuschlagen versuchen. In
den späten Abendstunden des 5. Mai häuften sich außerdem Berichte über
gezielte Angriffe der Polizei auf besetzte Häuser im Stadtteil
Exarchia.
In der BRD gab es heute Solidaritätskundgebungen bei griechischen
diplomatischen Einrichtungen in Berlin und Köln.
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Ein Kollege der erstickten Angestellten:
Meinen KollegInnen gegenüber, die heute so ungerechterweise ums Leben
gekommen sind, fühle ich mich verpflichtet, den Mund aufzumachen und
ein paar objektive Wahrheiten auszusprechen. Ich schicke diese
Erklärung an alle Medien. Jeder, der noch einen Rest von Gewissen hat,
sollte sie veröffentlichen. Alle anderen können weiter das Spiel der
Regierung spielen.
Die Feuerwehr hatte das besagte Gebäude nie feuerpolizeilich
abgenommen, sondern es wurde ohne Genehmigung benutzt, wie bei
praktisch allen Firmen in Griechenland.
Das besagte Gebäude hat keine Brandschutzvorrichtungen, weder
tatsächlich installierte noch geplante, d.h. keine Sprinkleranlagen an
den Decken, keine Fluchtwege oder Löschschläuche. Es gibt nur ein paar
tragbare Feuerlöscher, die natürlich nicht ausreichen, um ein größeres
Feuer in einem Gebäude mit längst überholten Sicherheitsstandards zu
löschen.
Bei keiner einzigen Filiale der Marfin-Bank gab es jemals
Brandschutzschulungen für die Beschäftigten, nicht mal zur Bedienung
der wenigen Feuerlöscher. Die Geschäftsführung benutzt u.a. die damit
verbundenen hohen Kosten als Ausrede und tut nicht das Mindeste, um
ihre Angestellten zu schützen.
In keinem einzigen Gebäude gab es jemals eine Evakuierungsübung mit
den Beschäftigten, ebensowenig wie Schulungen durch die Feuerwehr, wie
man sich in solchen Situationen verhalten soll. Schulungen gab es bei
der Marfin-Bank nur zu Szenarien von terroristischen Aktionen, und
dabei ging es speziell darum, wie die "Großkopfeten" der Bank in so
einer Situation aus ihren Büros fliehen können.
In dem besagten Gebäude gab es keinen speziellen Feuerschutzraum, und
das obwohl es aufgrund seiner Bauweise in solchen Fällen sehr anfällig
ist und obwohl es vom Fußboden bis zur Decke mit leicht brennbaren
Materialien wie Papier, Plastik, Kabeln und Möbeln gefüllt ist. Wegen
seiner Bauweise ist das Gebäude objektiv ungeeignet, um als Bank
benutzt zu werden.
Niemand vom Sicherheitspersonal kennt sich mit Erster Hilfe oder
Brandbekämpfung aus, obwohl die Sicherung des Gebäudes in der Praxis
immer ihnen aufgetragen wird. Die Bankangestellten müssen sich je
Laune von Herrn Vgenopoulos [dem Besitzer der Bank] in Feuerwehrleute
oder Sicherheitspersonal verwandeln.
Die Geschäftsführung der Bank hat den Angestellten strikt verboten,
heute zu gehen, obwohl sie selbst seit dem frühen Morgen immer wieder
darum gebeten hatte - sondern zwangen die Angestellten auch dazu, die
Türen abzuschließen und bestätigten telefonisch immer wieder, dass das
Gebäude den ganzen Tag über abgeschlossen zu bleiben habe. Sie kappten
sogar die Internetverbindung der Angstellten, um sie an der
Kommunikation mit der Außenwelt zu hindern.
In Bezug auf die Mobilisierungen der letzten Tage werden die
Angestellten der Bank inzwischen seit vielen Tagen vollkommen
terrorisiert mit dem mündlichen "Angebot": Entweder ihr arbeitet, oder
ihr werdet rausgeworfen.
Die beiden Zivilbullen, die der besagten Filiale zur Verhinderung von
Banküberfällen zur Verfügung gestellt wurden, sind heute nicht
gekommen, obwohl die Geschäftsführung der Bank den Angestellten
mündlich versprochen hatte, dass sie da sein würden.
So, meine Herren, nehmt eine Selbstkritik vor und hört auf
herumzulaufen und so zu tun, als seid ihr schockiert. Ihr seid
verantwortlich für das, was heute passiert ist, und in jedem
anständigen Staat (so wie die Staaten, die ihr ab und zu als
leuchtende Beispiele in euren Fernsehsendungen benutzt) wäret ihr für
die oben genannten Aktionen schon längst verhaftet worden. Meine
KollegInnen haben heute ihr Leben aus Böswilligkeit verloren: der
Böswilligkeit der Marfin-Bank und von Herrn Vgenopoulos persönlich,
der ausdrücklich sagte, dass jeder, der heute [am 5. Mai, dem Tag
eines Generalstreiks] nicht zur Arbeit kommt, morgen erst gar nicht
kommen braucht [weil er rausgeworfen werden würde].
Ein Angestellter der Marfin-Bank [griechisches Original:
Creative Commons-Lizenz lizenziert.