Spanien: CNT – 100 Jahre Anarchosyndikalismus (1910 – 2010)
Die CNT begann ihre anarchosyndikalistischen Aktivitäten mit dem
einfachen Vorsatz, eine von politischen, religiösen und ökonomischen
Kräften unabhängige Gemeinschaft zu sein, deren Ziel die stetige
Verbesserung der Lebensbedingungen der Arbeiter bis zum Ende ihrer
Ausbeutung sein soll. Innerhalb weniger Jahre vereinigte sie einen
Großteil der Arbeiterbewegung. Früh gelangen ihr signifikante Triumphe
im sozialen und ökonomischen Bereich, die heute ein unverzichtbares
Erbe für die Gesellschaft geworden sind. Der acht Stunden Arbeitstag,
die 36 Stunden Woche, die Abschaffung der Kinderarbeit, die
Emanzipation der Frau und die Integration der Gewerkschaft in das
tägliche Leben sind heute genauso unverzichtbar wie Solidarität,
Föderalismus, Ökologie, Feminismus, freie Liebe, Antimilitarismus und
Atheismus. Das alles ist Teil eines Vermächtnisses, dessen Höhepunkt
während der sozialen Revolution 1936 erreicht wurde, als die Utopie –
libertärer Kommunismus – eine Lebensweise in allen befreiten Gebieten
war.
Doch die Reaktion des internationalen Kapitalismus sollte fürchterlich
sein. Frankos faschistische Armee verwandelte den Traum in einen
Albtraum. Nach dem Sieg der Faschisten im Jahr 1939 wurden
hunderttausende hingerichtet, ermordet oder verschwanden. Nicht einer
der bekannten und teilweise noch lebenden Schuldigen wurde je für die
vergangenen Verbrechen öffentlich beschuldigt oder zur Rechenschaft
gezogen. Das war die Folge der unheiligen Allianz zwischen der national
demokratischen Linken (der PSOE, PCE, UGT und CCOO) und den Faschisten,
die beim Übergang Spaniens von der Diktatur zur Domokratie (1977)
beschlossen worden war.
Trotz der Diktatur verteidigten die Menschen, oftmals unter Einsatz
ihres Lebens, die einfachen Prinzipien des Anarchosyndikalismus:
Unabhängigkeit, Autonomie, Föderalismus, Selbstverwaltung,
Versammlungen, Solidarität und direkte Aktion. Durch Selbstorganisation
verweigerten sie jede Überschneidung mit politischen Parteien oder
ökonomischen und religiösen Institutionen. Streiks, Demonstrationen,
Repressionen und Folter waren alltäglich in der Zeit der Diktatur (1939
– 1976), bis diese im Jahr 1977 verschwand und die Arbeiterbewegung
enthusiastisch begann die CNT wieder aufzubauen. Es folgten Jahre des
Triumphs; massenhaft beteiligten sich die Menschen bei den
Versammlungen von Montjuich und San Sebastián de los Reyes. Das war die
kraftvolle Wiederauferstehung der Föderation in den 70er Jahren.
Der Aufstieg der Arbeiterbewegung, erneut selbstorganisiert in der CNT,
mit exemplarischen Kämpfen wie den Tankstellenstreik im Jahr 1978,
löste dann erneut die Reaktionen des Kapitalismus aus, dieses Mal
unterstützt vom demokratischen Staat und seinen institutionellen
Apparat (Regierung, Parteien, Richter, Gewerkschaftsbürokraten ...).
Die Polizei unterdrückte den Erfolg der CNT, wie im Fall „Scala“ 1978.
Das hatte, gemeinsam mit dem Schweigen und Verleugnen der Medien,
desaströse Konsequenzen für die Arbeiterbewegung in Spanien.
Die Schwächung des Anarchosyndikalismus in der Arbeiterbewegung
verursachte den Verlust bereits errungener Rechte, die durch lange und
harte Gewerkschaftskämpfe dem Kapitalismus mühsam abgetrotzt worden
waren. Dies geschah infolge von Deregulierung, der Prekarisierung der
Arbeitsverhältnisse und die fürchterlichste aller Korruption: die
Korruption der Gewerkschaften. Es ist eine stille, offizielle
Korruption, welche die Gewerkschaftsarbeit pervertiert, ausgeführt von
der CCOO und der UGT, deren Gewerkschafts-Yuppies Zuschüsse
einstreichen und die Millionen von der Regierung und von den
Unternehmen für ihre Gewerkschaftskassen erhalten, damit sie Maßnahmen
zum Schutz des Kapitals und der Akkumulation des Profits akzeptieren:
Zwangsarbeit, Arbeitsreformen und Kündigungen nach Gutdünken.
Trotz alle dem, bilden heute tausende von Arbeitern diese einzigartige
Arbeiterorganisation, die wir als CNT bezeichnen. Es ist eine
Organisation, die nur unserem Willen gehorcht und dadurch ein
lebendiges Beispiel für eine Gewerkschaft der Arbeiterklasse ist, die
in der Lage ist, der Unterdrückung und sozialen Kontrolle, der
Zerstörung dieses Planeten und den ganzen anderen häßlichen Seiten des
Kapitalismus, zu widerstehen.
Das Jahr 2010 hat eine besondere Bedeutung für uns: es bedeutet 100
Jahre CNT. Es ist ein Jahrhundertfeier für die Menschen und des
unschätzbaren Kampfes von Tausenden, die 100 Jahre lang dieses
einzigartige Instrument am Leben erhielten. Wir fordern die Welt auf
diesem Beispiel zu folgen und durch die Möglichkeiten der
Selbstorganisation, dem radikalen Kampf und mit Hilfe der
revolutionären Errungenschaften, eine antiautoritäre und solidarische
Gesellschaft zu verwirklichen.
Diese Ideale sind der edle Grund, aus dem ihr euch hier und jetzt an unserem Kampf beteiligen sollt.
CNT
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