Frankreich: [G8/G20] Aufruf von Dijon - Deauville wir werden nicht von deinem Wasser kosten
Auf einem globalen Niveau erlebt die
Erde Verschmutzungen aller Art. Hunger und Durst betreffen hunderte
Millionen Menschen, die Kriege dauern an. Aber die internationalen
Institutionen und multinationalen Konzerne feiern. Die Milliarden
fallen vom Himmel und ihre Macht entfaltet sich immer weiter. Diese
Institutionen können alles tun unter dem Vorwand "Die Krise zu
bewältigen", und all das ohne koordinierten Widerstand hervorzurufen.
Vor diesem Hintergrund bereiten sich die Mächtigen dieser Welt auf ihre
Treffen in Deauville (G8, 26 und 27 Mai) und Cannes (G20 im November)
vor.
Die ersten Diskussionen
Ende
November 2010, fand ein Treffen im selbstverwalteten Gebiet von
Tanneries statt, um die Widerstandsmöglichkeiten gegen diese beiden
Treffen zu organisieren und zu diskutieren. Dieses Treffen fand nach
"Abenden der militanten Reflektion" statt, die sich mit der Auswertung
der in zahlreichen Städten, besonders in Frankreich und Deutschland
organisieren Gegengipfeln beschäftigten. Wir waren etwas mehr als 80
Personen aus unterschiedlichen Ländern und trafen uns in Dijon, um über
antikapitalistische und antiautoritäre Grundlagen zu diskutieren. Über
unsere Meinungen und Gedanken über den anstehenden G8 und G20 Gipfel.
In Erwartung von zukünftigen Begegnungen und Treffen findet ihr hier
das Ergebnis unserer Diskussion.
Den Horizont der Gegengipfel öffnen, nicht nach Deauville gehen
Ja,
einige Teilnehmer_innen haben den Willen bekundet direkt nach Deauville
zu mobilisieren um dort den G8 in Frage zu stellen. Viele von uns
möchten sich jedoch nicht im selben Ort, in dem der Gipfel stattfindet,
treffen. Der erste Grund dafür ist ein taktischer: wir möchten nicht
genau dahin gehen wo uns die repressiven Kräfte erwarten, an einen Ort
den sie gewählt haben und wo sie sich schon lange vorher vorbereiten.
Die Gegengipfel von Straßbourg, Kopenhagen und Brüssel waren in dieser
Hinsicht lehrreich: wir wollen nicht erneut dazu dienen die
Aufstandsbekämpfungstaktiken der Ordnungskräfte zu trainieren. Die
ersten internationalen Gegengipfel waren bahnbrechend darin, eine
kapitalismuskritische Theorie und Praxis in den öffentlichen Raum zu
bringen, und sie brachten einige unkontrollierbare Situationen hervor.
Diesen ersten Proteste ist es gelungen die Illegitimität dieser
staatlichen Treffen zu verdeutlichen. Sie haben die Offiziellen dazu
getrieben die Haupstädte zu verlassen und in stacheldraht und
zaunbewährte Camps umzuziehen. Dennoch, seit Genua hat sich das
Handling der Proteste durch die Polizei enorm weiterentwickelt
wohingegen unsere Techniken nur uwesentliche Veränderungen erlebten. Zu
schnell finden wir uns so in Situationen in denen wir nur noch die
Dinge hinnehmen können und nichtmehr handlungsfähig sind. Der
NATO-Gipfel in Strasbourg, der G8 in Heiligendamm fanden ohne
nennenswerte Probleme für die Deligierten statt. Damit möchten wir in
keinem Fall die Leistungen derjenigen, die unter diesen Umständen den
NATO-Gipfel in Strasbourg oder den G8 in Heiligendamm begleitet und
Widerstand organisiert haben, entwerten oder abwerten. Deauville ist
eine kleine bürgerliche Badestadt gut militärisch gesichert werden kann
und wo die Bevölkerung uns nicht freundlich gesinnt sein wird. Die
Möglichkeiten den G8-Gipfel (oder den G20 in Cannes) effektiv zu
blockieren erscheinen uns äußerst gering. Schlussendlich wollen wir
nicht noch einmal an dem großen medialen Schauspiel teilnehmen, an der
politischen Instrumentalisation die darauf stehts folgt. Wir wollen
unsere Energie nicht verlieren indem wir diesen Gipfeln, dieses
Schauspiel des Bankrotts, Aufmerksamkeit gewähren. Sie werden sich
selbst diskreditieren. Das System wird sich selbst vollständig
zerstören. In dem wir den Profis darin vertrauen, bereiten wir die
Nachfolge vor. Unsere Zukunft hängt weder von Deauville noch von Cannes
ab.
Dennoch, wir denken, dass es immer notwendig ist,
dass was die G8 und die G20 repräsentieren radikal zu kritisieren: den
Kapitalismus und die immer feindlicher werdenden, ungleichen und
individualistischen Gesellschaften die er erzeugt. Die offiziellen
Gipfel sind Orte der Organisation und Legitimation der kapitalistischen
Politik deren Effekte wir jeden Tag bekämpfen. Wir wollen damit
fortfahren uns auf internationalen Niveau gegen diese Institutionen zu
organisieren, aber wir denken, dass es effektiver ist dies zu tun,
indem wir die lokalen Kämpfe hervorheben und die Brüche und
Ansatzpunkte des Widerstands zu vermehren.
Die Zeit der Begegnung
Wenn
wir uns auf die klassische Form der Gegengipfel zurückbesinnen,
erscheinen uns Momente der internationalen Übereinstimmung
unerlässlich. Ein zentrales Interesse der Gegengipfel war stets die
Möglichkeiten sich zu treffen, Ideen auszutauschen und zu üben,
außerdem das kollektive Leben auf egalitärer Basis. Diese gemeinsamen
Momente nähren unsere Kämpfe und unsere Aktionsmöglichkeiten, unsere
Gedanken und Wünsche. Auf der anderen Seite sind die Camps der
Gegengipfel normalerweise gekennzeichnet von Zeitdruck, der
Dringlichkeit einer Woche die schnell vergeht, und vom repressiven
Druck und der Omnipräsenz der Polizei. Aus diesen Gründen haben
zahlreiche Teilnehmer_innen auf dem Treffen in Dijon entschieden ihre
Energie gemeinsam zu bündeln um ein Dorf von längerer Dauer zu
organisieren. Dies wird während des Sommers stattfinden. Verschiedene
Orte wurden vorgeschlagen, mit der gemeinsamen Charakteristik, dass sie
durch Kämpfe miteinander verbunden sind.
Einige dieser Zusammenkunftsorte
werden wahrscheinlich in und um Deauville während des G8 stattfinden.
Wir wollen von unserer Seite aus einen Ort der Zusammenkunft und des
Lebens organisieren. Einen Ort, der die Dringlichkeit hinter sich
lässt, der uns wirklich erlaubt unseren Raum zu entwickeln und zu
festigen. Jenseits von Grenzen, Abgrenzungen zwischen Kämpfen und dem
politschen Milieu. Dieses Dorf wird ein autonomer Ort sein, so man sich
Zeit zum Nachdenken über praktische und theoretische Fragen nehmen
kann, aber auch (wieder)erlernen kann wie man arbeitet. Wie man unsere
Strategien und Aktionen koordinieren kann. Es handelt sich letztendlich
darum ein gemeinsames Leben zu teilen, unsere praktischen Erfahrungen
auszutauschen und unsere Alternativen in den Alltag einzubringen.
Die Kämpfe vereinigen, die Orte wählen
Das
ist ein anderes Ergebnis des Treffens von Tanneries: Die Bedeutung der
Vereinigung mit den Einwohnern im Kampf kam mehrmals zur Sprache. Die
Bewegung gegen die Rentenreform in Frankreich die langsam zur Ruhe
kommt hinterlässt einen bitteren Nachgeschmack. Viele wollten
fortfahren gegen die Politik der Regierung zu kämpfen. Zahlreiche
andere Kämpfe fanden überall in Frankreich und Europa statt, die
politischen Maßnahmen, gegen die sich immer mehr Menschen erheben sind
überall die gleichen Machenschaften egal ob auf lokalem, nationalem
oder Globalen Niveau. Die Kämpfe wie die griechischen Aufstände 2008,
die Anti-Castor Kampagne oder die Kommunen von Oxaca und Kopenhagen
zeigen, dass sich unsere Kräfte stehts multiplizieren, wenn sie sich
mit den lokalen Kräften der Bevölkerung verbinden. Auf der anderen
Seite kann das einbringen von antikapitalistischen Fragestellungen und
Positionen in lokale Kämpfe dazu führen, dass sich die Perspektiven
dieser Kämpfe erweitern. Das ist der Grund weshalb wir uns wünschen,
dass sich die Kritik und die Proteste gegen die Welpolitik von G8 und
G20 und den daraus folgenden lokalen Effekten differenziert. In
Richtung von Orten, der Städte und Versammlungen wo sie gewöhnlich
nicht präsent sind. Eine selbstverwaltete Karavane die offen für alle
ist startet demnächst in Lyon und kreuzt durch die Städte und Dörfer
von Frankreich um allen die Teilnahme und Vorbereitung für die
Mobilisation gegen die G8 und G20 Gipfel zu ermöglichen.
Um nicht die gleichen Fehler wie in der Vergangenheit zu machen, um zu erreichen, dass in Frankreich die Masse an Polizei ein Vorteil und kein Problem für uns wird, rufen wir zu dezentralen Aktionen während des G8-Gipfels auf. In Frankreich und anderen Ländern. Ohne diejenigen abhalten zu wollen, die nach Deauville gehen rufen wir alle Gruppen dazu auf sich in allen Regionen in Frankreich und der Welt zusammenzufinden und sich lokal zu organisieren um dezentrale Aktionen durchzuführen an den Orten und zu den Themen ihrer Wahl. Aktionen um den Verkehrsfluss zu blockieren oder Symbole des Staats und des Kapitals anzugreifen, Demonstrationen und Besetzungen. Temporäre autonome Zonen, Verbreitung von Texten und Parolen... Die Möglichkeiten sind zahlreich und wir sind überall.
Der Erfolg von dieser Strategie hängt
von der Kapazität der lokalen Gruppen ab, sich und andere zu
mobilisieren. Aus dieser Sicht hoffen wir dass das selbstverwaltete
Dorf, dass unabhängig vom Staat ist eine Verlängerung dieser Dynamik
sein wird. Ein Ort der Zusammenkunft von lokalen und regionalen
Gruppen, international, selbstorganisiert, und ein Ort der erlaubt die
Aktionen gegen den G8 zu analysieren und die nächsten internationalen
Mobilisationen in den Blick zu nehmen zuerst die Mobilisation gegen den
G20. Diese drei Momente (G8, Dorf, G20) sind Gelgenheiten um eine neue
Etappe in der kämpfenden Bewegung zu probieren, in ein neues Stadium
der Ausarbeitung von kollektiven Strategien und Taktiken gegen
internationale Institutionen zu treten. Es ist zuletzt ein Versuch
unsere Organisations-, Reflexions- und Selbstverwaltungsfähigkeiten
nachhaltig zu steigern.
Beginnt damit euch lokal zu
organisieren! Verbreitet diesen Aufruf und beginnt damit eure Ideen
auszutauschen: Das nächste internationale Treffen findet vom 4 bis 6
Februar in Paris statt.
Für mehr Informationen: www.dissent-fr.eu
Das Orignal (frz.) kann unter: www.dissent-fr.eu oder auf linksunten eingesehen werden.
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