Wie genau es vor Ort ablaufen wird, lässt sich nur erahnen. Sicher
ist eigentlich nur, dass dort eine Arrestzelle auf mich wartet. Wie oft
und wie lang ich jeweils eingesperrt werde, lässt sich ebenfalls nur
vermuten, allerdings führt wohl kein Weg um die Höchststrafe von 21
Tagen Arrest herum. Der erste Arrest wird wahrscheinlich noch deutlich
kürzer ausfallen, allerdings kann es schon beim zweiten zu den vollen
21 Tagen kommen.
Als der Einberufungsbescheid bei mir ankam,
musste ich lange überlegen was ich nun machen würde. Klar, Wehrdienst
und Deutschland im Ernstfall verteidigen kam auf keinen Fall in Frage.
Da blieb also nicht mehr viel. Auf der einen Seite stand die Option
„Zivildienst“. Einfach ein paar Seiten argumentieren und abwarten (die
meisten kommen ja ohne Probleme durch) und dann halt hoffen eine gute
Stelle zu finden um neun Monate den Kram zu ertragen.
Auf der anderen Seite war dann die „totale Kriegsdienstverweigerung“.
Viel Arbeit für mich und andere, der Arrest und letztlich viel Ärger
(wahrscheinlich vor allem finanziell).
So grob betrachtet fällt jedem die Entscheidung ziemlich leicht,
dennoch habe ich mich für die Totalverweigerung entscheiden.
Nachfolgende (stark verkürzte/vereinfachte) Argumentation spielt dabei
eine wichtige Rolle.
Konsequente
linkradikale Politik muss auch immer gegen das Konstrukt „Staat“
gerichtet sein. Moderne Staaten entstanden erst mit dem Kapitalismus
und der schleichenden Industrialisierung. Wachsende Industrien
einhergehend mit Gewinnabsichten erfordern ein hohes Maß an
Organisation, dass durch diese modernen Staaten geschaffen wurde. Heute
sorgt der Staat mit seinem Rechtssystem dafür, dass nichts passiert,
was nicht so gewollt ist. Damit dies auch so bleibt liegt das
Gewaltmonopol eben auch beim Staat. Die ArbeiterInnen, die meinen zu
wenig zu bekommen, müssen eben in den dargebotenen Grenzen bleiben, die
nicht mehr als das „bisschen Streik“ vorsehen. Andererseits verbietet
er aber auch Ausbeutung, weil ansonsten die Masse der ArbeiterInnen
aufbegehren könnte. Die meisten ArbeiterInnen finden sich mit der
Situation ab, denn sie sind ja „relativ frei“ und die Unternehmen
machen immer noch genug Gewinn, sodass diese sich nicht beschweren.
Damit sorgt der Staat für das Weiterbestehen des Kapitalismus (der ihn erst nötig gemacht hat).
Nach außen hin sind Staaten (oder mittlerweile Staatenverbände) durch
Grenzen verschlossen um zu vermeiden, dass Einflüsse oder Menschen
hinein getragen werden könnten, die der Existenz des Staates schaden.
Um diese Grenzen zu rechtfertigen wurden Konstrukte wie „Rasse“ oder
„Nation“ geschaffen…
Im
Wehrdienst wird man dazu ausgebildet diese Grenzen im sogenannten
„Gesamtverteidigungsfall“ zu verteidigen. Neben den Grenzen des
deutschen Staates gilt dies auch für die Verteidigung der NATO.
Wozu braucht es aber Menschen, die den Zivildienst ableisten?
Auch für diese Menschen ist in den „Rahmenrichtlinien für die
Gesamtverteidigung“ (RRGV) eine Verwendung vorgesehen. So gehört zu den
Aufgaben der „zivilen Verteidigung“ u.a. die Aufrechterhaltung der
Staats- und Regierungsfunktion und die Unterstützung der Streitkräfte
bei der Herstellung und Aufrechterhaltung der Verteidigungsfähigkeit
und Operationsfreiheit.
Das bedeutet nichts anderes als die Maschine am Laufen zu halten, die wir sonst versuchen zu bekämpfen.
Folgerichtig bleibt für radikale Linke eigentlich nur eine konsequente Möglichkeit: Die Totalverweigerung!
Wie
genau es mir in der Arrestzelle ergehen wird, kann ich kaum abschätzen.
Allerdings kann ich mit Sicherheit sagen, dass es todlangweilig sein
wird.
Deshalb:
Schreibt mir Briefe und schickt Pakete!
Bis bald in Freiheit
Pogo (Jan-Patrick)
Endlich
einmal ein Blogbeitrag mit guten Neuigkeiten: Jan-Patrick ist gestern
aus der Bundeswehr “entlassen” worden und nun auf dem Weg nach Hause.
Wir wollen an dieser Stelle noch einmal allen, die Jan-Patrick oder die
soligruppe in irgendeiner Form unterstützt haben, ein großes DANKE
ausrichten!
Leider
steht nun höchstwahrscheinlich ein Prozess an - dieser wird aber (so
wie wir die Justiz kennen) sicherlich erst in ca. einem Jahr statt
finden. Dafür wird weiterhin Soli-Kohle gebraucht - also bestellt euch
Shirts, macht Soli-Partys!
Der Blog und der Newsletter bleiben
bestehen - hier werden weitere Soli- und Infoveranstaltungen
angekündigt und irgendwann sicherlich noch ein Abschlussbericht
veröffentlicht.
Zukünftige Totalverweigerer (v.a. welche die
nach Strausberg sollen), können sich gern an uns wenden um mit Infos
und Tipps versorgt zu werden.
Wiederentwaffnung jetzt!
viele grüße
die soligruppe.