Dokumentation: Werksblockade in Bad Salzuflen
Dienstag: Sattelschlepper verlassen Kunststoff-Betrieb ohne Ladung – Gewerkschaft beendet Blockade
Sie müssen Weihnachten nicht draußen auf dem Blockadeposten feiern: Die Mitarbeiter des Kunststoffbetriebs OHS haben verhindert, dass die Maschinen weggebracht wurden. Leer rollten die Sattelschlepper um 15.30 Uhr davon.
Blockade zum Fest
Unternehmer in Ostwestfalen wollte über die Betriebsferien heimlich Maschinen demontieren. Mitarbeiter verhindern Abtransport. IG Metall zieht vors Landesarbeitsgericht.
Von Jörn Boewe
Eine Weihnachtsüberraschung besonderer Art hat sich ein Unternehmer im
ostwestfälischen Bad Salzuflen ausgedacht. Am Donnerstag vergangener
Woche schickte die Geschäftsführung der OHS Kunststoffverarbeitung GmbH
& Co KG ihre knapp 30 Mitarbeiter nach Schichtschluß in die
Betriebsferien – über Feiertage und Jahreswechsel, hieß es. Am
Sonnabend ging zufällig einer der Beurlaubten am Betriebsgelände vorbei
und staunte nicht schlecht: In der Fabrik brannte noch Licht. Schnell
trommelte er die Kollegen zusammen. Über einen Nebeneingang gelangten
sie auf den Hof – die Schlösser am Haupttor waren ausgewechselt worden.
»Da wurden schon die Maschinen abgebaut«, berichtete IG-Metall-Sekretär
Svend Newger am Dienstag gegenüber junge Welt. Als am Montag zwei
Sattelschlepper anrollten, um die Anlagen abzutransportieren, stand die
versammelte Belegschaft vor dem Betrieb und blockierte die Laderampe.
Gewerkschaft und Beschäftigte vermuten, daß der Produktionsstandort heimlich aufgegeben werden sollte. Die Unternehmensgruppe SEG Kunststofftechnik GmbH unterhält einen zweiten Betrieb in Hörstel, im äußersten Norden von Nordrhein-Westfalen. Möglicherweise sollten die Maschinen dorthin verbracht werden.
Aus Sicht der Gewerkschaft menschlich »eine Riesensauerei« (O-Ton Newger) sowie juristisch »ein klarer Verstoß gegen das Betriebsverfassungsgesetz«. Letzteres verbietet zwar keine Betriebsschließungen, schreibt aber Unternehmern, die solches beabsichtigen, zwingend vor, zunächst mit Betriebsräten über Sozialplan und »Interessenausgleich« zu verhandeln. »Dies ist hier offenbar vorsätzlich unterlassen worden«, so Newger.
Immerhin ein Hebel für Gewerkschaft und Beschäftigtenvertreter, die Demontage nicht nur de facto, sondern auch juristisch zu stoppen. Am Montag beantragte die IG Metall eine einstweilige Verfügung beim Arbeitsgericht Detmold. Das Ziel: den Abtransport der Produktionsanlagen bis auf weiteres zu verbieten. Zwar sei dies in der ersten Instanz abschlägig beschieden worden, so Newger, doch hoffe man für heute auf eine positive Entscheidung des Landesarbeitsgerichts in Hamm. »Falls sich dort nichts tut, blockieren wir den Betrieb notfalls auch über die Feiertage«, erklärte der IG-Metall-Sekretär.
Anderen gelingt es in dieser Republik offenbar schneller, ihre Interessen vor Gericht geltend zu machen: Bereits am Montag abend um 21 Uhr, nur wenige Stunden nach Beginn der Betriebsblockade, erschien ein Gerichtsvollzieher mit einer einstweiligen Verfügung vom Amtsgericht Lemgo in der Hand. Darin wird nach Gewerkschaftsangaben jedem OHS-Beschäftigten, der es wagt, die Demontage seines Arbeitsplatzes zu behindern, ein Ordnungsgeld von 250000 Euro (!) angedroht. Begründung: Müßten die für den Abtransport der Maschinen vorgesehenen Lastwagen aufgrund der Betriebsblockade unverrichteter Dinge leer abfahren, entstünde dem Unternehmen ein unzumutbarer Schaden.
Quellen: „WDR“, „LZ“ und „junge Welt“
Video-Bericht I: wdr.de/mediathek
Video-Bericht II: wdr.de/mediathek
Update: Mittwoch, 23.12.
Firma meldet Insovenz an
Das kunststoffverarbeitende Unternehmen aus Bad Salzuflen hat beim Amtsgericht Detmold Insolvenz angemeldet. Am Mittag wurde ein vorläufiger Insolvenzverwalter vom Gericht bestellt.
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