BUDRYK: 36 Kumpels im Hungerstreik ---- ATTAC Polen will den Streik brechen
Gestern wurden erneut zwei sich im Hungerstreik befindende Bergleute ins Krankenhaus eingeliefert. Auf ihre Streikposten kamen zwei neue hinzu. Damit befinden sich immer noch 31 Bergleute unter der Erde im Hungerstreik. 5 weitere Personen führen ihren Hungerstreik oberhalb der Schächte durch. Insgesamt besetzen 150 Bergleute die Schächte unter Tage. 200 weitere Personen besetzten das Gelände der Kohlezeche.
Die Leitung der Aktiengesellschaft versucht nun alles um die Bergleute
zu Kriminalisieren und zu spalten. Nun hat diese sogar, aufgrund der
durch den Streik entstandenen Schäden an dem -noch- Staatseigentum, den
Inlandsgeheimdienst ABW (Agencja Bezpieczeñstwa Wewnêtrznego– Agentur
für die Innere Sicherheit) eingeschaltet.
Desweiteren organisiert sie auch eine Unterschriftensammlung zur
Unterstützung eines Kompromissvorschlages der Kohle AG, der bei den
letzten Verhandlungen in Katowice vorgelegt wurde, jedoch von den
Streikenden abgelehnt wird. Die Leitung der Kohle AG behauptet, dass
sich darunter bereits mehrere Hundert Personen unterzeichnet haben
sollen.
In einem am 22. Januar im Regionalfernsehen TVP3 Katowice
ausgestrahlten Bericht (siehe oben) werden auch eine Handvoll
Streikbrecher interviewt. Es ist jedoch fraglich, ob es sich bei den
Personen um Bergleute von Budryk handelt, denn in der Gruppe der
Streikbrecher, die behaupten von den Streikenden bedroht zu werden und
Nachts Droh-Anrufe zu bekommen, befindet sich auch das
Vorstands-Mitglied des polnischen attac Marek Szolc. Seine Kollegen
behaupten, die Streikenden werden mit Gewalt in den Schächten gehalten.
Marek Szolc, hoher Funktionär von attac Polen und zugleich
Gewerkschafter der NSZZ Solidarnoœæ hatte kürzlich in einem Beitrag für
das Internet-Nachrichtenportal wiadomosci24.pl offen zu einer
„dringenden Intervention der Ordnungskräfte“ aufgerufen, um den
anhaltenden Streik mit Gewalt zu beenden.
Nun ist in dem polnischen Wirtschaftsblatt „Puls Biznesu“ [Der
Herzschlag des Business] ein Artikel unter dem Titel „Górnicy goduj,
liderzy fedruj kasê“ [Bergleute hungern, ihre Führer rechnen das Geld]
von Maria Trepiñska erschienen, in dem die Autorin der Streik-Führung
vorwirft sich an dem Streik zu bereichern. Es mag erstaunen, aber die
Streikbrecher rechtfertigen sich gerade mit dieser fragwürdigen
Recherche über die Gehälter der Gewerkschafts-Führer.
Trepiñska ist unter den Arbeitern der Kohlezeche Budryk bereits seit
langem bekannt. Seit Jahren fordert die Journalistin die Privatisierung
von Budryk und eine Einschränkung der Arbeitermacht in dem Betrieb.
Doch in dem neusten Beitrag legt sie einst drauf und legt nahe, dass
der Streik aus Inspiration der Investoren aufgenommen wurde. Durch die
Korrumpierung der Gewerkschafts-Leitung solle ein besserer Preis für
die Übernahme erzielt werden.
Boguslaw Ziêtek, Vorsitzender von WZZ Sierpieñ 80 wies diese Phantasien
entscheiden zurück. Mit solchen Vorwürfen hat er schon in den 80er
Jahren, als er noch bei der SolidarnoϾ Aktiv war Erfahrungen
gesammelt. Auch damals versuchte die Nomenklatura die starke
Streikbewegung zu spalten und zu diskreditieren.
Doch die Revelationen der Autorin geben nicht so sehr Hinweise auf eine
Korrumpierung der Gewerkschafter, sondern legen ein Zeugnis über die
Verstrickungen der Autorin selbst. Die presentierte Faktenlage ist
nämlich ziemlich dürftig, alles was in dem Beitrag geboten wird sind
Beschimpfungen. So bezeichnet die Autorin Wiesaw Wójtowicz, den
Begründer der Gewerkschaft "Jednoœæ Pracowników Budryka" (Einheit der
Arbeiter von Budryk), der seit mehreren Tagen Hungerstreik führt als
einen "hinterlistigen Hardliner" ("przebiegy twardziel"). Dagegen muss
sie bei einem anderen Streikführer, Grzegorz Bednarski, Vorsitzendem
der Gewerkschaft Kadra, sogar tief in die historische Mottenkiste
greifen und erinnert dass er in den Jahren 1981-83 Leiter der
Vereinigung der Sozialistischen Jugend (ZSMP) gewesen ist . Deshalb
bezeichnet sie ihn als als "verdienten Volksrepublikaner" ("zasuony
peerelowiec").
Der Trick scheint zu funktionieren, den wenige Zeilen später wirft sie
Bednarski vor für den Konzern Mittala, dem Konkurenten der JSW zu
arbeiten, der die Kohlezeche Budryk an der Stelle von der
Aktiengesellschaft Jastrzebska Spolka Weglowa (JSW) ebenfalls
übernehmen wollte. Für diese Aktiengesellschaft macht sich auch die
Autorin stark. Auch in ihren bisherigen Beiträgen ist ein
überraschender Einklang mit den Privatisierungsplänen des
Wirtschaftsministeriums und einer gewissen Affinität für die JSW
festzustellen. Fraglich ist auch von wem, wenn nicht von der
Jastrzebska Kohle AG sie die vermeintlichen Informationen über das
Einkommen bekommen haben soll, die sie als Beweis für die
"Korrumpiertheit" der Streikenden herbeizitiert. Nach ihrer "Recherche"
sollen die Streikführer im Dezember nicht ein Gehalt von 1700 PLN Netto
(ca. 470 EUR) , sondern 4850 PLN Brutto (ca. 1347 EUR) erhalten haben.
Ob diese Vermutung als Beweis für die Gängelung der Streikenden taugt
ist zumindestens fraglich. Denn die Berechungsgrundlage wird in dem
Artikel nicht offen gelegt. Dies macht vermutlich ohnehin keinen
Unterschied, denn die Entschädigungen der Gewerkschafts-Funktionäre
fliessen direkt in die Streikkasse.
Es scheint, dass sowohl im Wirtschaftsministerium als auch in der
Redaktion des Wirtschaftsblattes „Puls Biznesu“ immer nur ein Problem
existiert: die Gewerkschaften und ihr Einfluss auf die Arbeiter in den
Betrieben. Dies machen schon die Titel Ihrer Artikel im Puls Biznesu
deutlich: „Zwizki rozwalaj Budryka“ [Die Gewerkschafter zerschlagen
Budryk], „Górnicy goduj, liderzy fedruj kasê“ [Bergleute hungern, ihre
Führer rechnen das Geld], „Za podwy¿ki górników zapac wszyscy
podatnicy“ [Für die Lohnerhöhungen der Bergleute werden alle
Steuerzahler blechen], "JSW: Ambitne plany JSW" [JSW: Ambitiöse Pläne
der JSW].
Trepinska orderte bereits den Börsengang der JSW Kohle AG als diese
sich noch in staatlicher Hand befand und eine Börsennotierung noch gar
nicht im Raum stand. Ihre einseitigen Berichte und unbedingten
Privatisierungsforderungen, die in Einklang mit der Politik des
rechts-nationalen Wirtschaftsministers Pawel Poncyliusz (PiS) standen,
der Zuständig für den Kohlebergbau ist, brachten ihr im November
vergangenen Jahres sogar eine Gegendarstellung des Finanzministers ein,
der bei Eigentumsfragen ebenfalls ein Mitentscheidungsrecht hat.
Interessanterweise wurde sie aber gerade für diese einseitige
Hofberichterstattung im vergangenen Jahr mit dem Citigroup Journalistic
Excellence Award ausgezeichnet.
Michal Stachura
Quelle: ostblog.de
Aktuelle Infos: ZSP >>> warsaw@zsp.net.pl
Artikelaktionen