ASJ-Berlin: Redebeitrag zum 1.Mai 2009
Warum soll Mensch am 1.Mai noch demonstrieren? Für die Bonzen des
DGBs schien die Arbeitswelt bisher ja noch in Ordnung zu sein.
Vielleicht liegt es auch daran, dass der 1.Mai in der Bundesrepublik
mehr und mehr zum Zustimmungsritual zu den bestehenden Verhältnissen
verflacht ist. Die Entmündigung am Arbeitsplatz und in der Schule hat
sich auf der Straße fortgesetzt. Viele Menschen sehen keinen Sinn mehr
darin, an diesem Tag organisiert Widerstand zu zeigen. Für uns gibt es
dennoch genug Gründe am 1. Mai zu demonstrieren. Was uns hier, und
viele andere auf der ganzen Welt auf die Straße treibt, ist das
Bedürfnis, kein Rädchen in der großen Maschine zu sein, sondern frei
von Ausbeutung und selbst bestimmt zu leben.
Die Konzerne setzten längst auf internationaler Ebene ihre Interessen
durch und tragen diese . Auch jetzt in der Krise auf dem Rücken des
einzelnen Menschen und verschiedener Bevölkerungsgruppen aus, wie zum
Beispiel RentnerInnen, SchülerInnen, Arbeitslosen und LeiharbeiterInnen.
Dabei wurden International als auch in den einzelnen Ländern, Menschen gegeneinander ausgespielt:
Männer gegen Frauen, inländische gegen zugezogene ArbeiterInnen, jung
gegen alt, Festangestellte gegen LeiharbeiterInnen. Die Ausbeutung ist
heute nicht beendet, sondern veränderte nur ihr Gesicht: Sozialabbau,
Umschulung, Leiharbeit, Arbeitslosigkeit in den Industrieländern,
Streikverbot und Streiksabotage, Massenverarmung in den Ländern der
sogenannten 3. Welt. Zwei Seiten der Selben Medaille.
Wir
als AnarchosyndikalistInnen demonstrieren hier am 1.Mai nicht dafür,
dass die kapitalistische Stechuhr gegen eine sozialistische
eingetauscht wird, sondern für die Abschaffung jeder Form
fremdbestimmter (Lohn-)Arbeit.
Lohnarbeit reduziert die Menschen zu Material, was man herumschlagen, flexibilisieren oder entlassen kann.
Im Gegensatz dazu kämpfen wir für selbst bestimmtes Arbeiten und Leben
in selbst verwalteten, von unten organisierten Strukturen, für eine an
den Bedürfnissen der Menschen und nicht am Profit orientierte
Produktion und für eine Gesellschaft, in der die Betroffenen alle
Entscheidungen gemeinsam und solidarisch fällen.
Dies kann z.B. in Form von Syndikaten – autonome gewerkschaftliche Zusammenschlüsse – erreicht und verwirklicht werden. Wenn wir uns effektiv gegen die herrschenden Verhältnisse zur Wehr setzen wollen, müssen und können wir gut auf die sozialpartnerschaftlichen und staatlichen Organisationen verzichten.
Als AnarchosyndikalistInnen ist unser Verständnis von Klasse viel breiter gefasst als das reine Reduzieren auf IndustriearbeiterInnen. Es umfasst alle Menschen der arbeitenden Klasse, ob prekarisiert, ob ZeitarbeiterIn, JobberIn, Illegalisierte, Selbstständige, Erwerbslose oder Festangestellte und Facharbeiter. Wer seine Arbeitskraft als Ware auf dem Markt anbieten muss und an das Kapital verkauft, gehört für uns zur arbeitenden Klasse. Anders als beim DGB geht es für uns nicht nur um ein paar Prozent mehr Lohn. Als AnarchosyndikalistInnen stehen wir für die Abschaffung des Zwangs zur Lohnarbeit und die Überführung von privatem und staatlichem Besitz an Produktionsmitteln in die Arbeiterselbstverwaltung. Das geht nur auf revolutionärem Weg, über Selbstverwaltung und Selbstorganisierung!
Lohnarbeit ist und
bleibt Arbeit für fremde Interessen, für Profite, die nicht der
Mehrheit der Menschen zugute kommt. Der weltweite Kampf um die
Umverteilung des Reichtums, von dem nur die reichen Schichten der
nördlichen Industrieländer profitieren, fordert mit der Abschaffung des
Kapitalismus nicht nur das Ende der materiellen Ausbeutung, sondern
immer auch die Aufhebung der Entfremdung, das Recht, über Form und
Inhalt der eigenen Arbeit zu bestimmen.
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Immer wieder höre ich, Wir als Linke haben im Moment keine eindeutigen
Antworten auf diese Verhältnisse und müssen uns über Verschiedene
Vorstellungen und Perspektiven auseinandersetzen und auf den Staat
zugehen.
Wir AnarchosyndikalistInnen betonen, dass wir sehr wohl Antworten und
Lösungsvorschläge auf die Krise haben, die wir nach wie vor für richtig
halten, wenn es dem Rest der Linken anders vergehen mag, so mag das
deren Problem sein. Wenngleich die Linke in einer, durch das
Wiederaufkommen des psydostaatskapitalismus ausgelösten Krise steckt,
berechtigt dies nicht dazu, die eigene Perspektivlosigkeit auf andere
Gruppen zu übertragen. Wir finden es unmöglich, sämtliche libertären
und anarchistischen Gruppen, bewusst oder unbewusst, unter diese
Perspektivlosigkeit zu subsumieren.
Unser ziel kann keine Freizeitgesellschaft mit punktuellem Tanzen und
Demonstrieren sein, sondern nur die Selbstorganisation und
Selbstverwaltung in allen Lebensbereichen. Unsere Antwort sehen wir im
anarchosyndikalistischen Weg der Selbstorganisation und
Selbstverwaltung, dem Aufbau unabhängiger Gewerkschaften als einen weg
zu einer Klassenlosen Gesellschaft.
In diesem Sinne hört auf zu heulen und fangt an euch selbst zu organisieren.
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