Aktionen in den Niederlanden und der Slowakei gegen die OTTO Zeitarbeitsagentur
Probleme mit der OTTO Zeitarbeitsagentur
Über die letzten Jahre gab es besonders von polnischen ArbeiterInnen,
die zur Arbeit in die Niederlande geschickt wurden, eine Menge
Beschwerden über die Praktiken der OTTO Zeitarbeitsagentur. Die Firma
ist auf mindestens einer schwarzen Liste für Unternehmen aufgeführt.
Einige Leute, die dort arbeiten oder gearbeitet haben, kontaktierten
die AGA in Amsterdam und die ZSP und baten um Hilfe bei verschiedenen
Problemen. Das mindeste, worum sie uns baten, war es, andere Menschen
vor diesem Unternehmen zu warnen und die ArbeiterInnen dort über ihre
Rechte zu informieren und was sie tun können, wenn sie Betrugsopfer
werden. Aus verschiedenen Briefen an uns, aus Forenbeiträgen und aus
persönlichen Gesprächen, präsentieren wir hiermit eine vorläufige Liste
der typischen Probleme. Wir werden zu mehr Menschen sprechen und wir
hoffen diese Liste demnächst vergrößern zu können. Eine
Informationskampagne, die sich an potentielle und aktuelle
ArbeiterInnen wendet, wird demnächst ins Laufen gebracht.
Falsche Versprechungen in Polen
Die in Polen ausgelobten Arbeiten sind andere als die, welche in
Holland ausgeführt werden - das ist ein charakteristisches Problem.
Manchmal kommen die ArbeiterInnen in Holland an und führen Arbeiten
durch, die so vorher gar nicht vereinbart waren. Ein anderes Mal haben
sie gemeinsam mit ihrer Familie oder Freunden die Verträge
unterschrieben, um zusammen zu arbeiten. Ihnen werden gemeinsame
Aufgaben versprochen, doch es kommt vor, das die Familien und
FreundInnen schon bei der Ankunft getrennt werden. Man sagt ihnen eine
geregelte 40 Stunden Woche über einen bestimmten Zeitraum zu, doch dann
arbeiten sie weniger Stunden oder sind sogar über einen längeren
Zeitraum beschäftigungslos. Im schlimmsten Fall werden Leute nach Hause
geschickt bevor sie überhaupt nur irgendeinen Cent verdient haben.
Irreguläre Arbeitszeiten
Die ArbeiterInnen arbeiten nicht immer am gleichen Produktionsstandort
- wenn es keine Arbeit gibt, stehen sie auf Abruf bereit. Einige
arbeiten von den 40 Stunden nur 25-30%, z.B. zwei mal in der Woche.
Dann wiederum müssen sie Überstunden leisten, wobei ein elf bis zwölf
Stunden Tag typisch dafür ist. In einigen Fällen war von 20 Stunden die
Rede.
Bezahlung
Zwar kommt es selten vor, aber es ist berichtet worden, dass einige
ArbeiterInnen unter dem Mindestlohn bezahlt worden sind. So oder so,
ein Großteil des Geldes wird direkt wieder von OTTO gefressen. Das
geschieht durch überteuerte Wohnungen und durch aufgenötigte
Versicherungen. Das von den ArbeiterInnen an den niederländischen Staat
abgeführte Geld (ungefähr 300 bis 400 € pro Jahr) wird dem Unternehmen
zwar zurückerstattet, doch die ArbeiterInnen sehen nichts davon wieder.
Neuankömmlinge arbeiten in der Regel ohne gültige Papiere; sie bekommen
keinen bezahlten Urlaub oder finanzielle Zusatzleistungen, keine
Lohnfortzahlung im Krankheitsfall und fliegen, wenn sie sich krank
melden, kurzerhand raus.
Die polnischen ArbeiterInnen berichten von zahlreichen Kündigungen. In
den Hotels und Baracken in denen sie wohnen, wurden sogar Leute
gefeuert weil sie unordentlich waren. Das geschieht meist willkürlich
und das Unternehmen genießt es, die ganze Gruppe in einem Raum wegen
dem Vergehen eines Einzelnen zu degradieren. Manchmal erfahren die
ArbeiterInnen erst am Zahltag von ihrer Kündigung. Wenn sie sich
wehren, zeigt man ihnen die Tür.
Es kommt oft zu Zahlungsverzögerungen und außerdem hat man
ArbeiterInnen ohne Bezahlung entlassen und sie waren plötzlich auf sich
alleine gestellt.
Wohnungen: Hauptgrund des geringen Lohns
Durch die vielen Einwände gegen die Wohnungsbedingungen, ist die
niederländische Öffentlichkeit auf die Zustände aufmerksam geworden und
die großen Tageszeitungen berichteten darüber.
Letztens tauchten bei YouTube Propagandavideos auf, in denen glückliche
OTTO ArbeiterInnen in ihren hübschen Wohnungen gezeigt wurden. Doch
dies war lediglich ein PR Kampagne von einem beauftragten
Werbeunternehmen, bei der versucht worden ist, Wohnungen der untersten
Kategorie als eine Art „Center-Park“ oder Sommercamp zu verkaufen.
Die Wirklichkeit sieht etwas anders aus. Oftmals stehen die Unterkünfte
abseits in den Wäldern, bis zu 20 km entfernt von der Zivilisation. Das
soziale Leben spielt sich vor den Wohnungen, dem Supermarkt oder der
Kneipe ab.
Sie sind gezwungen früh aufzustehen, denn die ArbeiterInnen werden von
einem Firmenwagen abgeholt und bis zu zwei Stunden zur Arbeit
verbracht. Nach der Arbeit sammelt man sie wieder ein, wobei sie
manchmal bis zu einer Stunde auf den Transporter warten müssen.
Insgesamt bedeuten das drei bis sechs Stunden allein für die An- und
Abfahrt zum Arbeitsplatz.
Einer dieser Orte befindet sich in Laarbruch in der Bundesrepublik,
ungefähr 20 km von der holländischen Grenze entfernt. Die Menschen
leben dort in den ehemaligen Unterkünften der britischen Armee, in der
Nähe des Flughafens Weeze. Dutzende Wohnungen teilen eine Toilette und
eine Küche. Einmal in der Woche organisiert die OTTO Zeitarbeitsfirma
einen Bus, der zu einem einstündig entfernten Supermarkt fährt.
In den Wohnungen beklagen sich die ArbeiterInnen über Schimmel, Dreck
und zerbrochenes Inventar. Camping Wohnungen, wie in der Ortschaft
Uddel, sind für den Winter nicht ausgestattet. Das OTTO
Zeitarbeitsunternehmen ist ein kriminelles Racket, dass die
ArbeiterInnen dazu zwingt überteuerte Wohnungen in katastrophalen
Zuständen zu bezahlen. Es gab Vorfälle, da wurde Menschen mitten in der
Nacht gekündigt und man hat sie auf die Straße geworfen, nur um die
anderen einzuschüchtern. Wer sich über die Wohnungsbedingungen
beschwerte wurde rausgeworfen oder sein Vertrag wurde nicht verlängert.
Die Mieteinnahmen bringt dem Unternehmen einiges ein. In Woerden müssen
manchmal vier bis fünf Menschen zusammen leben, aber jeder zahlt die
280€, wodurch die Miete insgesamt über 1000€ beträgt. Lokale Makler
bieten ganze Häuser für diesen Preis an, und in der Nähe gibt es
Wohnungen für 300€. Aber OTTO will das nicht; die ArbeiterInnen sollen
verfügbar sein und gemeinsam an ihren Unterkünften abgeholt werden.
Wenn sie um sechs Uhr morgens an deine Tür Klopfen musst du innerhalb
von 15 Minuten fertig sein. In einem Fall zog ein polnischer Arbeiter
in seine eigenes Apartment. Daraufhin wurde er nicht mehr abgeholt und
er bekam keine Arbeit mehr zugewiesen.
OTTO verlangt immer den gleichen Preis für die Wohnungen, unabhängig
der tatsächlichen Verhältnisse. Das führt zu der kranken Situationen,
das ArbeiterInnen für eine bessere Wohnung extra Gefälligkeiten
anbieten.
Brief polnischer ArbeiterInnen über ihre Probleme mit den Wohnungen
Unsere Namen sind P. und A.. Wir würden gerne die Geschichte präsentieren, die uns in den Niederlanden zugestoßen ist.
Nachdem wir angekommen waren, erhielten wir von der OTTO
Zeitarbeitsfirma ein attraktives Angebot. Daraufhin fuhren wir zu einem
Gespräch nach Hague und unterschrieben einen Vertrag für drei Monate.
Noch vor dem ersten Arbeitstag änderten sie den Wohnungsort. Eigentlich
sah der Vertrag eine zwei Zimmer Wohnung pro Person vor, aber sie gaben
uns nur einen Raum, in dem wir zu viert leben mussten. Die Miete blieb
gleich.
Von Anfang an versuchten wir an der Situation etwas zu ändern, um zu
den abgesprochenen Verhältnissen zu gelangen. Aber unser Boss sagte das
ginge nicht. Wir wurden zum Hotel Manager geschickt, doch es gelang uns
nicht etwas zu verändern.
Die Überbelegung des ArbeiterInnenhotels erzeugte stressige Situationen
unter den BewohnerInnen. Vor allem durch die geringe Anzahl an
Badezimmern, Toiletten und anderen Einrichtungen, die das Hotel hätte
eigentlich zur Verfügung stellen müssen.
Unsere Probleme sind die gleichen wie die der anderen BewohnerInnen:
Zahlungsverzug (Eine Woche vor dem Urlaub waren unsere Gelder
immer sehr knapp. Insgesamt war unser Gehalt auch zu gering und stimmte
nicht mit den Stunden überein. Wir bekamen 190€ für zwei Wochen und für
einen Monat 270€)
Hotelbewohner mussten neben den 280€ noch Geld für eine Gruppe Personen aufbringen, die sauber gemacht hat.
Leute wurden mit gelben und roten Karten bestraft, wobei jedesmal etwas
von ihrem Gehalt abgezogen wurde. Solche Bestrafungen geschahen
willkürlich. Einmal wurden wir beschuldigt einen Feuermelder zerstört
zu haben, der nicht funktionierte als wir von der Arbeit kamen.
Daraufhin wurde allen jedem von uns vier, 400€ vom Gehalt abgezogen.
Ein Tag Urlaub kostete 13€. Wer fünf Minuten zu spät zum Treffpunkt mit
dem Transporter kam, erhielt 15€ Strafe, selbst wenn reguläre Busse
dorthin gefahren sind.
Wenn die Security in dein Zimmer gerufen wurde, bekamst du 80€ vom
Gehalt abgezogen. Selbst Leute die schliefen mussten Strafe bezahlen.
Eines Tages gab es eine Schlägerei zwischen A. und einem anderen
Zimmerbewohner, wobei dieser A. Auf den Kopf schlug und diese daraufhin
ins Krankenhaus musste. Als er dann aus dem Krankenhaus kam, wurde er
zur OTTO Security bestellt. Die gaben ihm nicht die Möglichkeit sich zu
dem Vorfall zu äußern. Statt die Polizei zu informieren oder den Fall
zu informieren, erließen sie Strafgelder. Dann stellte sich heraus das
der Schläger vorbestraft war; bei uns hatten sie das Führungszeugnis
überprüft, bei ihm nicht. Daraufhin feuerte man ihn eine Woche später.
A. wurde die Krankenversicherung verweigert und sechs Arbeitstage vom
Lohn abgezogen. Der Manager bot ihm an seinen Vertrag um diese sechs
Tage zu verlängern.
P. wurde einem Tag vor dem Ende seines Arbeitsvertrages entlassen. Als
Grund gaben sie an, er hätte mit seinen KollegInnen über die Probleme
bei der Zeitarbeitsfirma gesprochen.
Wir haben das Gefühl, das wir betrogen worden sind. Deshalb möchten wir zukünftige und jetzige ArbeiterInnen vor OTTO warnen.
Für polnische ArbeiterInnen: Die Zwiázek Syndykalistów Polski (ZSP) wird mehr über OTTO veröffentlichen. Außerdem findet ihr auf der folgenden Seite Infos über Arbeitsrechte auf polnisch: pracownik.net.pl Ihr könnt uns Schreiben: is@zsp.net.pl Von Holland aus: agamsterdam@yahoo.com oder OTTOslaveforce@gmail.com
Die FAU-IAA hat in der Vergangenheit bereits mehrfach spanischen und polnischen SaisonarbeiterInnen helfen können, die von Lohnraub und anderen Schikanen betroffen waren. Erst kürzlich konnten mit Unterstützung unserer GenossInnen von der ZSP-IAA in Dortmund ausstehende Löhne eingetrieben werden. Auch aktuell unterstützt die FAU wieder polnische ArbeiterInnen wegen ausstehender Löhne. Vor einigen Jahren wurde ein landwirtschaftlicher Betrieb im Münsterland, auf dem spanischen Arbeitern unter unglaublichen Bedingungen ihre Arbeitskraft abgepresst wurde - nach diversen Aktionen von FAU-Syndikaten der Region - schließlich dichtgemacht.
Zum Weiterlesen: |
|||
|
|
Artikelaktionen