3000 ArbeiterInnen gegen Conti-Schließungen
Allein 1.300 KollegInnen waren dazu eigens aus Frankreich angereist, nicht nur aus Clairoix, sondern auch aus dem Werk in Sarreguemines, dem französischen Conti-Stammwerk. „Tous ensemble, tous ensemble“, skandieren die französischen Conti-ArbeiterInnen – „Alle susammen, alle susammen!“ Die hannoverschen KollegInnen skandieren mit, allerdings wesentlich verhaltener. Auf einem Transparent ist dagegen zu lesen: „Wir sind vereint in derselben Wut.“ Das ist bei den ArbeiterInnen aus Frankreich augenscheinlich, bei den deutschen KollegInnen noch lange nicht. Die Stimmung unter ersteren ist gut, kämpferische Parolen werden gerufen, sie sind laut, Böller fliegen.
Traditionell sozialpartnerschaftlich
Vor dem HCC halten Funktionäre der IG BCE und der französischen
Gewerkschaften CGT und FO ihre Reden, gespickt mit Schimpfkanonaden auf
Chefs und Aktionäre. Als der IG BCE allerdings betont, dass die
Conti-Beschäftigten doch eigentlich mit den Bossen in einem Boot säßen,
stößt der Zirkus auf den Unmut der französischen KollegInnen.
Unterdessen läuft drinnen, geschützt von einem riesigen Polizeiaufgebot
und Absperrgittern, die Conti-Hauptversammlung.
"Französisch lernen" verboten
Im Vorfeld hatten Medien und Polizei wahre Horrorszenarien entworfen,
um die Angst vor den "unkontrollierten Franzosen" zu schüren. Nachdem
am 21. April ein Gericht die Klage von Gewerkschaften gegen die
Standortschließung in Clairoix abgewiesen hatte, war ein
Verwaltungsgebäude von wütenden Conti-ArbeiterInnen gestürmt worden.
Hunderte Angestellte drangen in die Präfektur von Compiégne ein und
verwüsteten Büros. Am Standort selbst waren Scheiben eingeworfen worden
(Video-Clip: Conti-ArbeiterInnen begrüßen einen Manager).
Polizeibehörden kündigten deshalb an, die französischen ArbeiterInnen
mit einem Informationsblatt über das deutsche Demonstrationsrecht
empfangen zu wollen - damit sie erst gar nicht auf die Idee kämen, sich
wie zu Hause zu fühlen. In Frankreich kam es in den letzten Wochen und
Monaten immer wieder zu Ausschreitungen und "Geiselnahmen" von
MangerInnen durch ArbeiterInnen nach der Bekanntgabe von
Schließungsplänen anderer Unternehmen.
Absage an FunktionärInnen
Als eine Jazzcombo vor dem HCC zu spielen anfängt, um das traditionelle
DGB-Bratwurstessen-Statt-Kämpfen-Flair zu verbreiten, sehen sich viele
französische KollegInnen verwundert an. Als sich der Großteil der
hannoverschen Beschäftigten zum Ärger der FunktionärInnen gelangweilt
Richtung Stadt absetzt, schließen sich ihnen viele an. Vor dem HCC
harren lediglich 600 Leute aus, um die AktionärInnen auszupfeifen, die
ihre Nasen vor die Tür stecken.
Managerträume auf dem Reißbrett
Im HCC erklärt Conti-Chef Karl-Thomas Neumann derweil, dass kein Weg an
den Werksschließungen vorbeiführe. Und es gäbe danach noch immer
"Überkapazitäten", die es abzubauen gilt. Eine Verlängerung der
Kurzarbeit, von der Ende April die Hälfte der Belegschaft in allen
deutschen Werken betroffen sei, werde das Ende nur hinauszögern.
Nandor Pouget (FAU-Hannover)
Die
französischen KollegInnen bei der Abfahrt in Hannover. Selbst jetzt war
noch die Nervosität der Gewerkschaftsfunktionäre der IG BCE zu spüren,
die zusammen mit großen Mengen Bahnbeschäftigten und der Polizei
versuchten, die "unberechenbaren Franzosen" möglichst schnell wieder in
den Zug zu bekommen. Für uns war das noch mal eine gute Gelegenheit für
eine Runde Parolen: «Qui sême la misere recolte la colère» - «Wer Elend
säht, wird Wut ernten»
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