Arme Berlinale: Wenig oder kein Lohn - Bezahlung und Arbeitsbedingungen in der Filmwirtschaft nach wie vor prekär
In vielen Kinos arbeiten daher qualifizierte Fach- sowie
Aushilfskräfte umsonst oder für Niedriglöhne in Vollzeitbeschäftigung.
Jedoch sind Mindestlöhne und quasi ehrenamtlicher Einsatz nicht nur
während der Berlinale die Regel. Ein Bruttostundenlohn zwischen 5,50
und 8 Euro ist beispielsweise am Kino Babylon gang und gäbe, teilte die
Freie ArbeiterInnen Union (FAU) mit. Gegen solche Zustände an Berliner
Kinos will die FAU am Freitagabend protestieren.
Nicht nur die Leistung der Beschäftigten an den Trubel der Berlinale
anzupassen, sondern auch die Löhne per Zuschlag zu erhöhen, fordert
daher die FAU. Sind diese Arbeitsbedingungen schon unter normalen
Bedingungen untragbar, bedeute die Berlinale nochmals eine zusätzliche
Arbeitsbelastung. Berlin wolle Kulturmetropole sein und sich dieses
Image »nur allzu oft auf dem Rücken der Beschäftigten« erkaufen, sagt
Lars Röhm von der FAU. »Für uns als Gewerkschaft ist es nichts neues,
dass Beschäftigte des Kulturbereichs eher durch ›Dabeisein‹ als für
ihre Arbeit entlohnt werden.«
Die Zustände in den Kinos sind jedoch beispielhaft für die gesamte
Filmbranche. Die Mehrzahl der Beschäftigten arbeitet mit befristeten
Verträgen und wechselt zwischen temporären Anstellungen und
Nebentätigkeiten oder der Arbeitslosigkeit hin und her. Die Zahl der
Mitarbeiter eines Filmproduktionsunternehmens etwa schwankt laut
Kulturwirtschaftsbericht 2008 zwischen zwei und 180. Das Arbeitspensum
der Saisonarbeiter ist enorm: Lichttechniker arbeiten zwischen 80 und
90 Stunden pro Woche, Kameraleute wechseln von Produktion zu Produktion.
Parallel zu den Forderungen nach besseren Arbeitsbedingungen und
angemessenen Gehältern bedroht jedoch der technische Fortschritt
bereits die Arbeitsplätze der Filmwirtschaft. Einige Kinobetreiber
arbeiten beispielsweise laut ver.di an der Automatisierung des
Ticketverkaufs. Stefan Müller, Geschäftsführer der CinePostproduction
GmbH, kündigte in einem Gespräch mit der Gewerkschaft die Reduzierung
der benötigten Angestellten von etwa 150 auf 10 bis 15 an.
Bisher gab es während der diesjährigen Berlinale keinerlei
Protestaktionen für bessere Arbeitsbedingungen. Es scheint, als ob die
1120 Berlinale-Mitarbeiter und die externen Dienstleister unter zu
hohem Arbeitsdruck stehen, als dass sie Zeit für Demonstrationen hätten.
Quelle: Neues Deutschland, 11.02.09
Zahlen zu Filmwirtschaft und Berlinale |
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