VS-Bericht 1998 der Stadt Hamburg
VS-Bericht 1998 der Stadt Hamburg
Anarchisten:
Anläßlich verschiedener Aktionen gab es auch in Hamburg ein Zusammenwirken autonomer und anarchistischer Gruppen. Anarchisten sind überzeugt, daß sich der Mensch in einer staatenlosen und herrschaftsfreien Gesellschaft besser entfalten und damit freier leben kann. Daraus resultiert eine totale Ablehnung jeglicher staatlicher Ordnung - gleich welcher Ausrichtung. Diese Variante des Linksextremismus geht fest davon aus, daß das menschliche Miteinander sich z. B. durch kollektive Verbände von Berufstätigen ohne staatliche Rahmenbedingungen selbst regulieren, problemlos entwickeln und organisieren kann.
"Libertäres Zentrum" (LIZ): Das "LIZ" ist ein 1986 von der Hamburger Ortsgruppe der "Freien Arbeiterinnen und Arbeiter Union" (FAU) eingerichtetes Kommunikations- zentrum, das anarchistischen und libertären Gruppierungen als Kontakt- und Anlaufstelle dienen sollte mit dem Ziel, "auch in Hamburg verstärkt der gesellschaftlichen wie auch der libertär/anarchistischen Vereinzelung, Zersplitterung und Entpolitisierung entgegenzuwirken". Vor gut zwei Jahren hat sich die FAU aus dem "LIZ" zurückgezogen und an anderer Stelle angesiedelt. Danach ist das "LIZ" auch weiterhin ein selbstverwaltetes Kommunikationszentrum geblieben - wie zuvor bis 1995 schon unter seiner alten Adresse -, in dem "jede/r die Möglichkeit hat, aktiv zu werden, in einer nicht-hierarchischen Atmosphäre mitzubestimmen". Das Zentrum ist nach wie vor ein zentraler Bezugspunkt der militant-aktionistischen Szene aus dem Schanzenviertel. Feste Einrichtungen im "LIZ" sind u.a. ein monatliches Plenum, regelmäßig stattfindende "Volxküchen" sowie der "LIZ"-interne "Pestclub", der sich als "Kultur"-Gruppe versteht. Der "Pestclub" beschäftigte sich in Flugblättern u. a. mit der "Hetze und Vertreibungspolitik von Bullen, Senat, Medien und 'wohlanständigen Bürgern' gegenüber sogenannten Randgruppen und dem Drogenproblem (bzw. der Roten Flora)".
Die Räumlichkeiten des "LIZ" werden auch von diversen anderen Gruppen und Personen genutzt. So ist das "LIZ" Kontaktadresse eines "Solidaritätskomitees Italien". Dieses übersetzt und verbreitet Texte zu einem in Italien laufenden Prozeß gegen eine große Anzahl von Anarchisten, denen neben der Bildung bzw. Unterstützung einer terroristischen Vereinigung schwerste terroristische Straftaten zur Last gelegt werden. Die anarcho-syndikalistische "Freie Arbeiterinnen und Arbeiter Union"
(FAU, Symbol: Schwarze Katze, bundesweit etwa 120 Anhänger, Hamburg
etwa 10) gibt sich als umstürzlerische Klassenkampforganisation aus.
Ihr Ziel ist eine staats- und klassenlose Ordnung, die sie auf dem Wege
revolutionärer Gewerkschafts- und Betriebsarbeit und "direkter Aktionen"
(z.B.
"Föderation gewaltfreier Aktionsgruppen" (FÖGA): Der FÖGA gehören bundesweit mehrere hundert Personen an. Sie versteht sich als Klammer der anarchistischen, basisdemokratischen "Graswurzel- bewegung". Das diffus wirkende Geflecht dieser Klientel betreibt den Verlag "Graswurzelrevolution e. V.", bei dem die Zeitung "Graswurzelrevolution" erscheint. Diese Publikation veröffentlicht regelmäßig eine Liste sog. "Graswurzel- kontakte", so in der Ausgabe Nr. 233 (Nov. 1998) u. a. den "Club Libertär, Aktions- und Kulturzentrum, Thadenstraße 118". Im dortigen Zentrum haben die anarcho- syndikalistische FAU und die "Anarchistische Gruppe" (beide s.o.) ihren Sitz. Ein weiterer Hamburger "Graswurzelkontakt" nennt sich "Gewaltfreies Aktions- bündnis". Die Graswurzel- bewegung" strebt eine "tiefgreifende gesellschaftliche Umwälzung ...(an), in der durch Macht von unten alle Formen von Gewalt und Herrschaft abgeschafft" werden sollen. Immer wieder betonen "Graswurzler", ihr nur selektives Verständnis von "Gewaltfreiheit". Nach ihrer Logik ist Gewalt gegen "Sachen" zulässig, da diese keine Gewalt empfinden könnten. Gewaltfreiheit beziehe sich auf menschen- verletzende - laut "Graswurzelkalender" 1998 "lebens- schädigende" - Gewalt. Man schließe die "bewußte Mißachtung staatlicher Gesetze" ein und thematisiere die "herrschende menschenfeindliche Ordnung". Zu den wichtigsten Aktionsfeldern der "Graswurzel- bewegung" gehören die Antikernkraftbewegung (4.3.4) und die Kampagne gegen Gentechnik. 1998 haben gewalttätige Aktionen gegen die Freisetzung gentechnisch veränderter Pflanzen auf Bundesebene zugenommen. In Hamburg fehlen entsprechende Zielobjekte. |
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