Willi & Heinrich Muth
Wilhelm Muth
wurde am 13. Oktober 1899 in Elberfeld geboren. 1917 wurde
er zum Militär eingezogen und desertierte im August 1918. Danach
engagierte er sich in der sozialistischen Jugendbewegung. Nach der
Spaltung der Freien Sozialistischen Jugend schloss Muth sich zusammen
mit seinem jüngeren Bruder Heinrich der anarchistischen Freien Jugend
Morgenröte (FJM) an, deren Vorsitzender er Anfang der 1920er Jahre
wurde. Ferner schloss er sich der anarchosyndikalistischen Freien
Arbeiter Union Deutschlands (Syndikalisten) sowie der Gemeinschaft
Proletarischer Freidenker (GPF) an.
Neben „Spiel und Wanderung“, heißt es im Programm der FJM, sollte die
Jugend mit den „Ideen des Syndikalismus und Anarchismus vertraut
gemacht werden“. Die Mitglieder der FJM waren eine Art „Aussteiger“ der
1920er Jahre. Muth lebte mit anderen Mitgliedern der FJM in einer
selbst gebauten Holzhütte auf einem unbesiedelten städtischen Gelände
in der Nüll in Elberfeld. Nach Auflösung der FJM schlossen ihre
Mitglieder sich meist der KPD an.
Im November 1931 heiratete Muth Cläre Riedesel, die damals eine der
bekanntesten Kommunistinnen Wuppertals war. Vermutlich unter ihrem
Einfluss schloss Muth sich der KPD an. Die Eheleute entgingen der
ersten Terrorwelle der SA, da sie kurz vor der Machtübergabe an Hitler
umgezogen waren und dort die Schergen der SA sie nicht kannten. Das
Ehepaar organisierte an führender Stelle den Wiederaufbau der KPD in
Wuppertal. Muth hat die Funktion eines Bezirkskassierers.
Am 17. Januar 1935 wurde Muth auf offener Strasse zusammen mit Wilhelm
Recks und Otto Heyler verhaftet. Am 25. Januar wurde er im
Polizeigefängnis in der Von-der-Heydts-Gasse tot aufgefunden. Ob er
ermordet wurde, wie seine Genossen behaupteten oder sich selbst das
Leben nahm, „um die laufenden Untersuchungen zu erschweren und die
anderen Beteiligten zu schonen“, wie die Gestapo zynisch schrieb, wird
sich nicht mehr klären lassen. Fest steht nur, das Muth barbarisch
gefoltert wurde, und unabhängig davon, ob er durch diese Torturen starb
oder selbst Hand an sich legte, um sie damit zu beenden, ist es
eindeutig, dass die Gestapo verantwortlich für seinen Tod war.
Heinrich Muth
wurde am 1. November 1903 in Elberfeld geboren.
Vermutlich schloss er sich unter dem Einfluss seines Bruders Wilhelm
der anarchistischen Jugendbewegung an. Er erlernte den Beruf des
Polsterers und zog 1928 nach Lüdenscheid. Dort trat er sich der KPD bei
und avancierte zum Sprecher der KPD-Fraktion im Stadtrat. 1931 stellte
ihn die Bezirksleitung der KPD als hauptamtlichen Landessekretär für
die Landarbeit der Partei ein, 1932 war er einige Monate Sekretär des
Unterbezirks Mönchengladbach der KPD.
Im März 1933 wurde Muth zunächst im Schutzhaftlager Benninghausen und
dann bis Mai 1934 im Lager Papenburg inhaftiert. Nach seiner
Haftentlassung zog er nach Wuppertal und arbeitete dort im Widerstand
mit. Nach der Ermordung seines Bruders Wilhelm organisierte er die
Flucht von dessen Frau Cläre in die Niederlande. Behilflich war ihm
dabei der Anarchosyndikalist Fritz Benner, der eine Woche später selbst
flüchten musste.
Anfang Februar 1935 verhaftete die Gestapo auch Heinrich Muth. Um einer
längeren Inhaftierung zu entgehen, stellte Muth sich der Gestapo als
V-Mann zur Verfügung. Nachweisbar lieferte Muth Genossen aus Hagen und
Lüdenscheid der Gestapo aus. Andererseits arbeitete er illegal in
Wuppertal weiter. Als die Gestapo dies erfuhr, verhaftete sie ihn
erneut am 14. Mai 1935. Das Oberlandesgericht Hamm verurteilte ihn zu
einer Haftstrafe von drei Jahren und sechs Monaten.
Nach Verbüßung seiner Strafe in den Strafanstalten Celle, Wolfenbüttel
und Werl überführte die Gestapo Muth in das KZ Sachsenhausen. Am 14.
Oktober 1943 wurde er aus dem Lager entlassen und kurze Zeit später von
der Gestapo im Dortmunder Hüttenverein als V-Mann eingesetzt. Aufgrund
seiner Informationen verhaftete die Gestapo Anfang Februar 1945 44
Männer und Frauen, von denen 28 zusammen mit zahlreichen
Zwangsarbeitern und Kriegsgefangenen Ostern 1945 von einem
Exekutionskommando der Gestapo im Rombergpark und in der Bittermark
ermordet wurden.
Nach dem Einmarsch der alliierten Truppen engagierte sich Muth in der
Lüdenscheider Antifa. Hier wurde er am 8. Mai festgenommen und den
britischen Besatzungsbehörden übergeben. Muth blieb mit kurzer
Unterbrechung bis zum 30. Januar 1948 in Haft. Er zog wieder nach
Wuppertal und war bei der Firma Fudickar, wo er zum Betriebsrat gewählt
wurde. Muth, der seine Tätigkeit als V-Mann immer abstritt, wurde am 3.
Oktober 1948 aufgrund eines Haftbefehls des Amtsgerichts Dortmund
erneut verhaftet. In dem Prozess gegen Dortmunder Gestapobeamte
erhielten nicht die Gestapobeamten, sondern Muth die Höchststrafe von
zehn Jahren Zuchthaus.
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