Sammlung: Kündigung wegen "Diebstahl"
1) Arbeitsgericht Konstanz: Kündigung wegen sechs Maultaschen
2) Kündigung wegen Mitnahme von Umzugskartons
3) Kündigung wegen des Verzehrs von Teewurst
4) Kündigungsschutzklage eines Mannheimer Müllmanns erfolgreich
1) Arbeitsgericht Konstanz: Kündigung wegen sechs Maultaschen
Wie der Stern in seiner Online-Ausgabe berichtet hat das Arbeitsgericht Radolfzell die Wiedereinstellungsklage einer 58-jährigen Altenpflegerin aus Konstanz am vergangenen Dienstag abgewiesen. Sie wurde wegen des Diebstahls von sechs Maultaschen im Wert von drei bis vier Euro gekündigt. Die Frau war im April nach 17 Jahren Betriebszugehörigkeit entlassen worden. Es habe sich um übriggebliebenes Essen gehandelt, das ansonsten im Müll gelandet wäre, hatte die 58-jährige Pflegerin zu ihrer Verteidigung betont. Sie habe vier Maultaschen im Heim aufwärmen wollen. Nach einem langen Arbeitstag und vor einer anschließenden Fortbildung habe sie keine Möglichkeit gesehen, ihren Hunger auf andere Art zu stillen. Zudem hätten auch andere Beschäftigte schon Essen mitgenommen. (Wir berichteten: Spitalstiftung Konstanz: Altenpflegerin wegen des Mitnehmens von Essensresten gekündigt)
Das Gericht sah es nun jedoch durch Zeugenaussagen als erwiesen an, dass die Frau sechs Maultaschen in einer Tasche versteckt, um sie mit zu sich nach Hause zu nehmen. Sie habe damit gegen die ausdrückliche Anweisung der Heimleitung verstoßen, wonach Essensreste nicht vom Personal mitgenommen werden dürften, betonte die Richterin. Der Träger des Heims, die Konstanzer Spitalstiftung, hatte von einem Diebstahl gesprochen, der das Vertrauensverhältnis zwischen Arbeitgeber und der Mitarbeiterin zerrüttet habe, der 58-Jährigen zuerst aber auch 18.000 Euro als Abfindung angeboten. Ein vom Gericht vorgeschlagener Vergleich mit einer Abfindung in Höhe von 25.000 Euro hatte die Frau abgelehnt. Sie wollte ihren Teilzeitjob behalten. Der Verteidiger der Altenpflegerin hatte den Standpunkt vertreten, angesichts der langen Beschäftigung der 58-Jährigen wäre eine Abmahnung ausreichend gewesen.
Der Fall reiht sich ein in eine lange Kette von Kündigungen wegen Bagatellen. Siehe dazu u.a.:
Kündigung auf Verdacht: Kaisers kündigt der Supermarktkassiererin Emmely wegen Pfandbons;2) Kündigung wegen Mitnahme von Umzugskartons
Wieder verliert ein abhängig Lohnbeschäftigter wegen eines
Bagatelldelikts seinen Job. Spiegel Online berichtet von einem
50-jährigen Mann, dem nach 27-jähriger Betriebszugehörigkeit gekündigt
wurde, nachdem er mehrere gebrauchte Kartons seines Unternehmens aus
dem baden-württembergischen Trossingen für den Umzug seiner Tochter mit
nach Hause genommen hatte. Er wurde beim Einpacken der Kartons von
einer Überwachungskamera gefilmt. Die Firma sah dies als Diebstahl an
und kündigte dem Mann fristlos. Dagegen zog der Mitarbeiter vors
Arbeitsgericht. Er habe geglaubt, die Kartons würden nicht mehr
gebraucht, sagte er nach SWR-Angaben.
In einem Vergleich vor
dem Arbeitsgericht Villingen-Schwenningen einigten sich beide Parteien
nach Angaben des Südwestrundfunks (SWR) darauf, die Kündigung gegen
eine Abfindung von 6.000 Euro aufrechtzuerhalten - Angesichts der Dauer
der Betriebszugehörigkeit, der drohenden Erwerbslosigkeit und der
Chance, als 50-jähriger einen neuen Job zu ergattern wohl ein
schlechter Scherz. Durch die Anerkennung des Vergleichs verliert er
außerdem vorübergehend den Anspruch Arbeitslosengeld.
Erst in der vergangenen Woche hatte ein Gericht in Radolfzell am Bodensee entschieden, dass die Mitarbeiterin eines Seniorenheims nach dem Diebstahl mehrerer Maultaschen zu Recht entlassen wurde. Nach den Richtern in Radolfzell betonte auch der Vorsitzende der Kammer in Villingen-Schwenningen, der Wert eines gestohlenen Gegenstandes spiele keine Rolle für eine Kündigung. Entscheidend sei der entstandene Vertrauensbruch.
3) Kündigung wegen des Verzehrs von Teewurst
Eine fristlose Kündigung wurde gegen eine in der Seniorenresidenz
St. Martinshof in Hannover-Misburg beschäftigte körperbehinderte
Altenpflegehelferin wegen eines Bagatellvergehens ausgesprochen. Sie
hatte sich ein Brot mit einem Stück Teewurst bestrichen, das für die
HeimbewohnerInnen bestimmt war. Die 41jährige hat dagegen vor dem
Arbeitsgericht Hannover geklagt. Am 2. Dezember gibt es zunächst einen
Gütetermin, wie ein Gerichtssprecher am Freitag bestätigte.
Die Pflegerin hat 18 Jahre lang in dem Heim gearbeitet. Seit August ist
das Evangelische Johannesstift Altenhilfe in Berlin Träger der
Einrichtung. Dessen Geschäftsführer reiste am Freitag nach Hannover, um
sich über die Hintergründe zu informieren, wie ein Sprecher des Stifts
sagte. Man sei am Morgen »beinahe vom Stuhl gefallen«, nachdem man von
dem Fall gehört habe, fügte er hinzu.
Kündigungen im Streit um geringe Werte haben in den vergangenen Monaten mehrfach für Aufsehen gesorgt.
4) Kündigungsschutzklage eines Mannheimer Müllmanns erfolgreich
Die junge Welt berichtet in ihrer heutigen Ausgabe von der Kündigungsschutzklage eines Mannheimers Müllmanns, der im Dezember 2008 wegen Diebstahls fristlos gekündigt worden war. Der Angestellte hatte ein Reisebett aus dem Sperrmüll genommen, um es für seine kleine Tochter zu nutzen. Kollegen hatten den zweifachen Familienvater auf das ausrangierte Kinderzimmermöbel aufmerksam gemacht, das sonst in der Schrottpresse gelandet wäre. Für seinen »Arbeitgeber«, die Mannheimer Gesellschaft für Abfallbeseitigung und Städtereinigung mbH & Co. KG, ein klarer Fall von irreparablem Vertrauensbruch: Mehmet G. wurde ohne Vorwarnung und Abmahnung auf die Straße gesetzt.
Das Gericht sah die Sache etwas anders. Zwar sei die Tat juristisch durchaus als Diebstahl zu werten, konzedierte Richterin Sima Maali-Faagin. Allerdings sei es im Unternehmen gängige Praxis gewesen, intakte Gegenstände aus dem Müll für den Privatgebrauch der Beschäftigten zu recyclen. »Es ist davon auszugehen, daß er das Reisebett hätte an sich nehmen dürfen, wenn er um Erlaubnis gebeten hätte«, so die Richterin. Die Kündigung sei nicht verhältnismäßig und daher unwirksam. Mehmet G. muß nun wieder eingestellt werden, sein Lohn muß ihm nachgezahlt werden. Die Geschäftsführung hatte im Vorfeld einen Vergleich kategorisch abgelehnt, nun kündigte der Anwalt des Unternehmens Berufung an. Mehmet G. erklärte, er müsse erst mal nachdenken, »ob ich wieder in dem Betrieb arbeiten will«.
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