Sind Bibi Blocksberg und Benjamin Blümchen AnarchistInnen?
Die Hörspiele von Benjamin Blümchen und Bibi Blocksberg haben
häufig explizite politische Inhalte zum Gegenstand. Da in den Geschichten sehr oft
ein politischer Bezug hergestellt wird, auch wenn dieser nicht zwingend
notwendig erscheint,[36] bestimmte politische Inhalte
(Umweltprobleme) immer wieder thematisiert werden und die von den
Hörspielheldinnen und Helden sowie deren Freunden vertretenen politischen
Positionen relativ eindeutig einem politischen Spektrum zugeordnet werden
können, ist anzunehmen, dass die von den Blümchen- bzw. Blocksberg-Hörspielen
bewirkten politischen Sozialisationsprozesse zum Teil durchaus beabsichtigt
sind. Somit ist davon auszugehen, dass sie - neben latenten politischen
Sozialisationsprozessen - auch manifeste politische Sozialisationsprozesse
bewirken. Im Folgenden wird der Frage nachgegangen, inwiefern die Hörspiele von
Benjamin Blümchen und Bibi Blocksberg - im Rahmen ihrer (vermutlich
beabsichtigten) Vermittlung expliziter politischer Inhalte - den kindlichen
"Komplex von Einstellungen, Kognitionen, Wertvorstellungen und Gefühlen
gegenüber dem politischen System, Politikern, politischen
Institutionen"[37] beeinflussen und welchen Beitrag sie
dabei zur Erreichung des normativen Ziels politischer Sozialisation in pluralistischen Demokratien
leisten, d.h., inwiefern sie die Entwicklung des politisch mündigen Bürgers
fördern. Dabei wird allerdings nicht die konkrete Wirkung dieser beiden
Hörspiele auf Kinder analysiert,
sondern nur das ihnen inhärente politische Sozialisationspotenzial illustriert.
Politische Strukturen und Akteure
Benjamin Blümchen, der große sprechende Elefant, und Bibi Blocksberg, die
kleine fliegende Hexe, sind die beiden Hauptfiguren in den nach ihnen benannten
Hörspielen. Obwohl sie sich in einigen Punkten stark voneinander unterscheiden
(und daher auch unterschiedliche Zielgruppen ansprechen), haben sie viele Dinge
gemeinsam. Von besonderer Bedeutung ist dabei - mit Blick auf politische
Vorgänge -, dass sie stets auf der Seite der Gerechtigkeit stehen, das "Interesse
aller Bürger"[38] ("Gemeinwohl") im Auge haben und dieses so
gut wie möglich fördern - kurz: Sie sind die "Guten", die Vorbilder,
die Identifikationsfiguren für Kinder.
Der Staat bzw. die Politik (im engeren Sinne) wird in den
Hörspielen vornehmlich durch den Bürgermeister repräsentiert,[39] der in vielen Geschichten vorkommt und
nicht selten eine zentrale Rolle spielt.[40] Er tritt in der Regel nur als "der
Bürgermeister" in Erscheinung und ist allzu oft der Gegenspieler von
Benjamin bzw. Bibi. In Neustadt ist er (auch wenn er selbst vom Gegenteil
überzeugt ist) nicht sonderlich beliebt. Schließlich ist er grundsätzlich - das
heißt ohne äußeren Druck - verantwortungslos und wenig hilfsbereit. So erachtet
er es z.B. nicht einmal für notwendig, finanzielle Bittgesuche des Zoos oder
des Tierheims zu beantworten.[41] Stattdessen plant er Dinge, die -
vielleicht außer wenigen profitgierigen Wirtschaftsvertretern - niemand braucht
bzw. haben möchte und die zudem umweltschädlich sowie kostspielig sind. So
lässt er (bzw. der Stadtrat) einerseits alte Bäume fällen, um
eine nicht benötigte vierspurige Schnellstraße zu bauen, und andererseits gut
genutzte Eisenbahnstrecken stilllegen.[42]
Er ist grundsätzlich nicht am Wohl der Bürger, sondern nur an dem von ihm
definierten Wohl der Stadt, vor allem aber an seinem eigenen Wohl
interessiert. Es macht ihm zum Beispiel nichts aus, für seine teure Dienstausrüstung
"die armen Steuerzahler" zu schröpfen,[43] und er ist stets auf der Suche nach neuen
Einnahmequellen für Neustadt - um das Rathaus zu renovieren, sein Büro zu
vergrößern, einen neuen Dienstwagen oder sogar eine Perlenkette für seine Frau
(!) zu kaufen[44] (obwohl er selbst "viel Geld hat"[45] bzw. "gut verdient"[46]). Um die Stadtkasse - die zum Teil auch
seine Privatkasse zu sein scheint - aufzustocken, ist er beinahe zu allen
"Schandtaten" bereit, z.B. auf Zirkuseintrittspreise eine
Sondervergnügungssteuer zu erheben oder das alte Zunfthaus nicht zu einem
Museum zu machen, sondern es für eine Million dem betrügerischen Immobilienhändler
Schmeichler zu verkaufen.[47]
Während er also durchaus geneigt ist, mit korrupten Wirtschaftsvertretern zu
kooperieren, ist sein Verhältnis zur Presse gespalten: Einerseits braucht er sie,
will er sich doch über sie positiv darstellen, andererseits fürchtet er sich
vor ihr bzw. davor, dass sie "[d]ie Wahrheit über's Neustädter
Rathaus"[48] schreibt. Zur "Wahrheit" gehört
zum Beispiel, dass der Bürgermeister während seiner Dienstzeit isst, schläft,
Computer spielt, Autozeitschriften liest und ohne Termine (auf die man in der
Regel ein halbes Jahr warten muss) niemanden empfängt. Dennoch erfreut er sich
an seiner politischen Macht, die ihm häufig zu Kopf steigt: Allzu
gerne sieht er sich als "König", die Bürger als
"Untergebene" oder als "sein Volk"[49] und seine öffentlichen Auftritte als
"Audienzen".[50] Seine Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter
behandelt er grundsätzlich wie Leibeigene, d.h. unfreundlich und unmenschlich.
So hat er keine Skrupel, seinen Sekretär mit den Worten "Schweigen Sie,
Pichler!" den Mund zu verbieten.[51]
Dabei wäre er ohne seine Mitarbeiter nicht in der Lage zu regieren: Sie
schreiben ihm seine Reden, sagen ihm, wann er diese zu halten hat, erklären
ihm, was vorgeht und was sich hinter bestimmten Begriffen, wie etwa dem des
Recycling,[52] verbirgt. Mit anderen Worten: Der
Bürgermeister ist (selbst im Vergleich zu Kindern) ungebildet, unfähig,
ungeschickt, unbeholfen und undiplomatisch - kurz: "eine Flasche, aber
ohne Geist!"[53] Dies wird auch durch sein tollpatschiges
und lächerliches Auftreten sowie durch seine gestelzten und unsinnigen Aussagen
unterstrichen. So stammelt er beispielsweise zur Begrüßung beim Tag der offenen
Tür im Neustädter Rathaus: "Ich freue mich sehr, dass Sie meiner Einladung
Gefolge geleistet ... (hustet) ... äh ... Folge geleistet haben. Und dass Sie
sich so zahlreich hier versemmelt ... (hustet) ... äh ... versammelt haben ...
äh ... sind. Und auch ich bin zahlreich ..."[54]
Die Polizei wird durch den
Polizeipräsidenten sowie andere Polizisten repräsentiert, die in einigen
Geschichten vorkommen. Sie hat tendenziell ein negatives Image, das bereits im
(alten) Titellied von Benjamin Blümchen anklingt: "Benjamin liebt alle
Leute, ja sogar [!] die Polizei".[55] Schließlich sind die Polizisten häufig
die "verlängerten Arme" des Bürgermeisters und somit Gegenspieler von
Benjamin bzw. Bibi, die allerdings einsehen, dass "[e]s (...) auch solche
Berufe geben [muss]"[56]. Die Polizisten treten in der Regel wie
Soldaten auf: ernst, streng und gehorsam. Sie tun blind ihre Pflicht und haben
nicht selten eine regelrechte Freude am Verhaften. Allerdings sind sie relativ
schwer von Begriff und leicht für dumm zu verkaufen. Sie geben nicht selten ein
ähnlich lächerliches Bild ab wie der Bürgermeister, etwa wenn sich der
Polizeipräsident so am Telefon meldet: "Hier das Polizidium, äh äh äh äh,
Präsidalpolizium, na egal, hier spricht der Polizeipolizent persönlich, na ich
bin's."[57]
Die Medien werden nahezu
ausschließlich durch die "rasende Reporterin" Karla Kolumna
repräsentiert,[58] die in beinahe jeder Geschichte vorkommt.
Karla Kolumna steht grundsätzlich auf der Seite von Benjamin bzw. Bibi und
folglich allzu oft nicht auf der Seite des Bürgermeisters oder des
Immobilienhändlers Schmeichler, denen sie grundsätzlich misstraut bzw. kritisch
gegenübersteht. Sie vermittelt das Bild einer "verantwortungsvollen
Reporterin, die darauf achtet, dass Wahlversprechen eingehalten"[59] und Ungerechtigkeiten beseitigt werden.
Somit ist sie häufig "Retterin in der Not". Ihre Ziele verfolgt sie
"mit der geballten Kraft der Presse",[60] beispielsweise durch "flammende
Artikel" gegen geplante "Umweltsünden" des Bürgermeisters.[61] Die Figur der Karla Kolumna hat jedoch
auch einige negative Seiten: Sie bestehen in einer gewissen Selbstverliebtheit,
der "Gier" nach Sensationen und der daraus resultierenden Tendenz zu
Übertreibungen sowie zur Freude über Negativschlagzeilen. So ist sie
beispielsweise anlässlich einer Trockenheitsphase geneigt, Neustadt in der
Presse als "Wüstenmetropole" zu bezeichnen, und von der drohenden
Gefahr eines Waldbrands (zunächst) hellauf begeistert.[62] Im Kern ist Karla Kolumna allerdings
ehrlich und "gut".
Die Wirtschaft wird durch Herrn Schmeichler sowie durch verschiedene andere
Akteure, wie z.B. Ulrich Umsatz oder Bankdirektoren, repräsentiert, die in einigen
(wenigen) Geschichten vorkommen. Ihnen gemeinsam ist, dass ihnen Geld sehr viel
bedeutet und ihnen beinahe jeder Weg recht ist, um an Geld zu kommen. Herr
Schmeichler, der als "Baulöwe" oder "Immobilienhai"[63] bezeichnet wird und für den ein Sparbuch
"der erste Schritt zur Menschwerdung [ist]",[64] schreckt zum Beispiel nicht davor zurück,
andere auszunutzen oder zu betrügen, und ist deshalb ein Gegenspieler von
Benjamin bzw. Bibi. Sein Name ist Programm: Er heuchelt, lügt und betrügt, um
seinen Nutzen zu maximieren. So will er etwa das alte Zunfthaus unter dem
Vorwand erwerben, es zu renovieren und darin eine Eisdiele, eine Diskothek
sowie ein Museum für die Jugend einzurichten; in Wirklichkeit will er
jedoch einen dort verborgenen Schatz bergen, das alte Gebäude abreißen und
Neustadts ersten Wolkenkratzer bauen.[65]
Politische Prozesse
Die unterschiedlichen Einstellungen und Verhaltensweisen der verschiedenen
Charaktere der Figuren führen naturgemäß zu Spannungen. Diese treten
hauptsächlich zwischen den Hörspielhelden und der Politik (zum Teil in
Verbindung mit der Polizei), den Hörspielhelden und der Wirtschaft, den Medien
und der Politik sowie den Medien und der Wirtschaft auf. In der Regel kommt es
zu einer Koalition zwischen
Benjamin bzw. Bibi und Karla Kolumna sowie den - meist durch sie über die
Presse aufgerüttelten - Neustädter Bürgerinnen und Bürgern gegen den
Bürgermeister, die zum Teil von ihm instrumentalisierten Polizisten und/oder
Herrn Schmeichler. Die Problemlösungen entsprechen im Prinzip immer wieder dem
gleichen Muster: Mit Hilfe der Zeitung gelingt es den Hörspielhelden bzw. Karla
Kolumna, die (in der Regel ahnungslosen und hintergangenen) Neustädter
Bürgerinnen und Bürger aufzuklären und zu mobilisieren sowie die jeweiligen
Problemverursacher bzw. Entscheidungsträger, insbesondere den Bürgermeister,
zum Handeln zu zwingen. Der Bürgermeister wird durch den Druck der Medien bzw.
der Öffentlichkeit am Ende stets zum "Wendehals", indem er die
gewünschte - das heißt "richtige" - Entscheidung trifft und anschließend deren
Erfolg - wenn möglich - für sich reklamiert.[66] Obwohl er in der Regel darauf hinweist,
dass Entscheidungen einer Stadtratssitzung bzw. eines Stadtratsbeschlusses
bedürfen, trifft er diese aufgrund des großen Drucks bzw. Unverständnisses für
langwierige (demokratische) Entscheidungsprozesse (bei "richtigen"
Entscheidungen) häufig alleine.[67]
Ein klassisches Beispiel sei angeführt: Der Bürgermeister will durch den
Neustädter Forst eine Verbindungsstraße von der Stadt zur Autobahn bauen, unter
anderem um seine Tante Rosamunde schneller erreichen zu können, sieht sich dann
aber auf Druck der Presse und der Demonstranten gezwungen, das geplante
Vorhaben als Missverständnis darzustellen und - ohne Stadtratsbeschluss - einen
Waldspielplatz bauen zu lassen.[68]
Politische Inhalte
Im Zentrum politischer
Auseinandersetzungen steht in vielen Geschichten die Umweltpolitik. Dabei befinden sich die
Hörspielhelden sowie Karla Kolumna stets in der Rolle der Umweltschützer und
der Bürgermeister in der Regel in der Rolle des Umweltverschmutzers. Während
beispielsweise Benjamin eine Demonstration gegen den Bau einer Straße mit
Kindersprechchören "Wer Straßen baut, wird vollgehaut" veranstaltet,[69] reist der Bürgermeister in den Orient, um
Neustadt an die "transkontinentale Pipeline" anschließen zu lassen.[70] Der überaus große Stellenwert der
Umweltpolitik in den Blümchen- bzw. Blocksberg-Hörspielen wird insbesondere in
der Geschichte deutlich, in der Benjamin das Amt des Bürgermeisters übernimmt und als
solcher binnen kürzester Zeit mit (nahezu ausschließlich) ökologischen
Maßnahmen radikal die Stadt verändert. So lässt er - unter großem Beifall der
Neustädter Bürger - anstelle einer Autobahn einen Freizeitpark bauen, den Dienstwagen
des Bürgermeisters durch ein Dienstfahrrad ersetzen, ein Windkraftwerk und
Radwege errichten sowie ein generelles Tempolimit von 30 km/h verhängen.[71]
Neben der Umweltpolitik werden in verschiedenen Geschichten (ansatzweise) auch
andere Politikfelder thematisiert. Dabei werden die "richtigen"
politischen Positionen bzw. Verhaltensweisen stets von den Hörspielhelden sowie
von Karla Kolumna und die "falschen" politischen Positionen bzw.
Verhaltensweisen in der Regel vom Bürgermeister (zum Teil auch von den
Polizisten) und von Herrn Schmeichler vermittelt: Während
· Benjamin "einen Sitzstreik ... gegen den Krach [der Autos]" durchführt,[72] ist für den Bürgermeister die "Ruhe [... der Bürger bei der politischen Willensbildung] die erste Bürgerpflicht"[73];
· Benjamin - zum Beispiel mit der Aussage "Wenn alle nein zum Krieg sagen würden, dann gäb's keine Kriege" - das (pazifistische) Gewissen über das Pflichtbewusstsein stellt,[74] tun die Polizisten - getreu dem Motto "Irgendjemand muss einfach verhaftet werden in einer Geschichte, in der die Polizei vorkommt"[75] - blind ihre Pflicht;
· Benjamin der Stadt ein geerbtes Schloss borgt, um es zu renovieren und Arbeitslosen kostenlos zur Verfügung zu stellen,[76] vermietet Herr Schmeichler mit üblen Tricks völlig überteuerte und marode Hochhauswohnungen an gutgläubige Bürger (bzw. Elefanten);[77]
· Karla Kolumna der Meinung ist, dass es "genug [d.h. zu viel] Ordnung in diesem Land"[78] gibt, will der Polizeipräsident "den Bürger von klein auf im Auge behalten" bzw. "zur Ordnung anhalten"[79];
· Bibi für den türkischen Mitschüler Issam Geld sammeln will, damit sich dieser die Klassenfahrt leisten kann,[80] meint der Bürgermeister, dass "sich nicht jeder alles leisten [kann]" und er in diesem Jahr auch "nur" viermal in die Karibik fliegen konnte;[81]
· Bibi dem Bürgermeister
keinen Respekt zollt und ihr Vater dies gutheißt, ist ein spießiger und
unfreundlicher Anhänger des Bürgermeisters der Meinung, dass Kinder Ehrfurcht
vor dem Bürgermeister haben sollten - sowie der Überzeugung, dass Bibis Vater
aufgrund seiner kritischen Haltung gegenüber dem Bürgermeister "ein
Roter" (!) ist.[82]
Kurz: Die "richtigen" politischen Positionen bzw. Verhaltensweisen
sind ökologisch, postmaterialistisch, basisdemokratisch, kritisch,
zivilcouragiert, pazifistisch, sozial, antikapitalistisch, egalitär,
tendenziell anarchisch bzw. antistaatlich, antihierarchisch, antiautoritär und
antikonservativ; mit anderen Worten: "links" der politischen Mitte
(linksliberal bis linksalternativ).
Abschließende Bewertung
Die Hörspiele von Benjamin Blümchen und Bibi Blocksberg verdienen aus
politikwissenschaftlicher Sicht keineswegs das Prädikat "wertvoll":
Es wird zwar sehr gut dargestellt,
· dass die Politik eine wichtige Bedeutung für die Wirtschaft hat sowie vom Wohlwollen der Bevölkerung und damit auch von einer positiven Mediendarstellung abhängig ist. Äußerst bedenklich ist allerdings das kontinuierlich negative Image der Politik: Die Kinder erfahren, dass diese grundsätzlich verantwortungslos (unter anderem verschwenderisch, ausbeuterisch und umweltschädlich), bürokratisch sowie korrumpierbar und keineswegs wohltätig, effektiv oder am Gemeinwohl orientiert ist. Politiker sind in den Hörspielen grundsätzlich lächerliche und inkompetente Figuren, die faul, reich, geld- und machtgierig, verschlagen, am eigenen Wohl orientiert sowie unfreundlich, unmenschlich und unbeliebt sind.
· dass die Polizei zur Exekutive zählt und politische Entscheidungen ausführt. Äußerst bedenklich ist allerdings das überwiegend negative und militärische Image der Polizei bzw. die Darstellung, dass die Polizisten grundsätzlich lächerliche und inkompetente Handlanger der Politik sind, die unreflektiert eine unsinnige Pflicht tun.
· dass die Medien Öffentlichkeit herstellen, die Bürgerinnen und Bürger informieren, Politik und Wirtschaft (machtvoll) kontrollieren, Themen mit Nachrichtenwert (und damit auch Negativschlagzeilen) nachspüren und diese allzu gerne forcieren oder gar generieren.[83] Äußerst bedenklich ist allerdings das kontinuierlich positive Image der Medien bzw. die Darstellung, dass diese grundsätzlich "gut" und objektiv sind, die Gerechtigkeit bzw. das "Gemeinwohl" fördern sowie eine absolute Wirkung entfalten.
· dass die Wirtschaft gewinnorientiert arbeitet und zum Teil auf Entscheidungen der Politik angewiesen ist. Äußerst bedenklich ist allerdings das kontinuierlich negative Image der Wirtschaft sowie des Wirtschaftens bzw. die Darstellung, dass Wirtschaftsvertreter grundsätzlich andere betrügen bzw. ausnutzen und sich unsozial verhalten.
· dass im Rahmen des politischen (Willensbildungs- und Entscheidungs-)Prozesses die Medien die Bevölkerung und beide zusammen die Politik beeinflussen können. Äußerst bedenklich ist allerdings die Darstellung, dass die Medien zusammen mit den Neustädter Bürgern (und natürlich den Hörspielhelden) im Gegensatz zu Politik, Polizei und Wirtschaft grundsätzlich auf der "richtigen Seite" stehen, sich diese Seite stets durchsetzen kann und politische Entscheidungen in der Regel nicht demokratisch getroffen werden.
· dass Umweltprobleme als
politische Inhalte eine große Bedeutung haben. Äußerst bedenklich ist
allerdings, dass beinahe nur Umweltprobleme thematisiert bzw. andere Probleme,
Bedürfnisse oder Forderungen, z.B. der Wirtschaft, gegenüber Belangen der
Umwelt als absolut nachrangig und unbedeutend dargestellt werden und sich die
"richtigen" politischen Positionen grundsätzlich "links" der
politischen Mitte befinden.
Trotz des großen Erfolgs der Hörspiele von Benjamin Blümchen und Bibi
Blocksberg ist insgesamt festzustellen, dass diese die Entwicklung politisch
mündiger Bürgerinnen und Bürger kaum fördern, wenn nicht sogar behindern. Denkt
man an die oben dargestellte Bedeutung von Kinderhörspielen für die politische
Sozialisation, den langjährigen und großen Erfolg der beiden Hörspielhelden
sowie auch an die Ausstrahlung ihrer Geschichten im öffentlich-rechtlichen
Rundfunk (ZDF und KI.KA),[84] so ist diese Kritik keineswegs
unbedeutend. Kinder hören bei den Blümchen- bzw. Blocksberg-Hörspielen
keineswegs nur lustige Geschichten eines sprechenden Elefanten und einer
kleinen Hexe, sie "hören mehr, und das, was sie hören, sollte mehr
Aufmerksamkeit verdienen"[85].
Artikelaktionen