Junge Welt: Entlassung des Redakteurs Rainer Balcerowiak
Wie am 2. Februar der
Blogger Jochen Hoff berichtete (1) hatte Rainer Balcerowiak sich mit
Unterstützung seiner Gewerkschaft bei seinem Arbeitgeber um die
Umwandlung des seit mehr als 11 Jahren bestehenden Verhältnisses als
freier Mitarbeiter in eine Festanstellung mit armutsfestem Lohn bemüht.
Dabei war ihm durchaus klar, dass die 'Jungen Welt'
nicht ein Tarifgehalt von 4.400 Euro brutto, wie von Verdi für
Tageszeitungsredakteure ausgehandelt, würde zahlen können. Einem Gehalt
von 1.890 Euro brutto (ca. 1295,00 Euro netto) für eine Vollzeitstelle
wollte und konnte er jedoch nicht zustimmen. Gegenüber seiner ohnehin
nicht üppigen Bezahlung als Freiberufler hätte er sich zudem noch
verschlechtert.
Was auf dem Verhandlungswege durchaus hätte
geklärt werden können, führte zum Rausschmiss des Redakteurs – ohne
offizielle Angabe von Gründen. Die Verlagsleitung handelte lieferte
dabei ein Lehrstück für eine 'Herr-im-Haus'-Politik übelsten Zuschnitts.
Am
8.12. wurde Balcerowiak von einem Hausverbot überrascht, einige Tage
später wurde ein Schreibverbot gegen ihn verhängt und am 31. Dezember
erhielt er schließlich die Kündigung. Gleichzeitig weiß Jochen Hoff zu
berichten, sei in der Redaktion der 'Jungen Welt' eine
regelrechte Diffamierungs- und Mobbingkampagne gegen Balcerowiak
gelaufen. Balcerowiak wurde am 8.12. eine fünfminütige Frist zum
Verlassen der Redaktionsräume gesetzt.
Wenig später „berief der Geschäftsführer eine Belegschaftsversammlung ein, in der B. vorgeworfen wurde, er wolle die Junge Welt „zerstören“. Auch von einem „Komplott“ war die Rede. Kurz darauf zirkulierten bereits interne „Erklärungen“, die sich gegen eine weitere Zusammenarbeit mit B. wandten. Auf Kollegen, die eine Distanzierung von B. ablehnten, wurde erheblicher Druck ausgeübt.“ (1)
Der Vorgang hat nicht nur die Glaubwürdigkeit der 'Jungen Welt' im Hinblick auf den Kampf gegen Niedriglohn und prekäre Arbeitsbedingungen nachhaltig geschädigt. Er zeigt zudem, dass ein Bruch mit den autoritären Traditionen der Arbeiterbewegung in der Praxis der 'Jungen Welt' nicht erfolgt ist.
Wenn links für genossenschaftlich arbeiten, entscheiden und verteilen steht, wird die 'Junge Welt' diesem Anspruch nicht gerecht.
Edith Bartelmus-Scholich, 4.2.2012
(1) duckhome.de/tb/archives/9826-Junge-Welt-Da-grinst-Stalin-freundlich-aus-seiner-Gruft.html
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