Griechenland: 10. März - Internationaler Tag der Solidarität mit den 300 hungerstreikenden MigrantInnen
Transparent am Arbeiterzentrum in Thessaloníki "300 Migranten - Arbeiter - Hungerstreikende Wir stehen an ihrer Seite bis zur Erfüllung ihrer Forderungen Legalisierung aller Migranten"
"Wir sind Migrantinnen und Migranten aus ganz Griechenland. Wir
kamen hierher, vertrieben von Armut, Arbeitslosigkeit, Kriegen,
Diktaturen. Die multinationalen Konzerne des Westens und ihre
politischen Handlanger in unseren Heimatländern haben uns keine andere
Wahl gelassen, als zig Mal unser Leben zu riskieren, um an Europas
Pforte zu gelangen. Der Westen, der unsere Länder ausplündert, mit
seinem unvergleichlich höheren Lebensstandard ist für uns die einzige
Hoffnung, wie Menschen zu leben."
Die meisten der Hungerstreikenden leben und arbeiten seit Jahren in
Griechenland. Alle Anstrengungen, einen legalen Status zu erlangen,
waren jedoch bisher vergeblich. Sie haben viel Geld für Behörden,
Anwälte und Gerichte ausgegeben, ohne dass sich ihre Situation
verbessert hätte. Im Gegenteil, seit Ausbruch der wirtschaftlichen
Krise hat sie sich massiv verschlechtert. Nicht nur Faschisten und
Rassisten machen Stimmung, auch PolitikerInnen der staatstragenden
Parteien präsentieren MigrantInnen als Schuldige für die miese
wirtschaftliche Lage griechischer ArbeiterInnen.
Dazu die Hungerstreikenden: "Wir befinden uns in unwürdigen Zuständen
und im Dunkel der Illegalität, damit die Arbeitgeber und die
staatlichen Institutionen von der brutalen Ausbeutung unserer Arbeit
profitieren. (...) In letzter Zeit ist die Situation für uns sehr
schwierig geworden. Je mehr Löhne und Renten gekürzt werden, je teurer
alles wird, desto mehr werden Migranten als Schuldige vorgeführt, als
Verantwortliche für die Verelendung und die brutale Ausbeutung der
griechischen Erwerbstätigen und Kleinunternehmer."
Und weiter: "Vorschläge der extremen Rechten werden als staatliche
Politik verkündet: eine Mauer am Évros, schwimmende Internierungslager,
europäisches Militär in der Ägäis, Repression in den Städten,
Massenabschiebungen. Sie wollen die griechischen ArbeiterInnen
überzeugen, dass wir plötzlich zu einer Bedrohung für sie geworden
sind, dass wir für den beispiellosen Angriff ihrer eigenen Regierung
verantwortlich sind."
Antirassistische Gruppen hatten die Einwanderer mit der Fähre von Kreta
nach Athen begleitet. 50 reisten weiter nach Thessaloníki und begannen
den Hungerstreik im lokalen Arbeiterzentrum. Die 250 in Athen
gebliebenen wurden am Anfang in einem leerstehenden Gebäude der
Juristischen Fakultät untergebracht. Nach immensem politischen Druck,
zähen Verhandlungen und tagelanger Medienhetze um das in Griechenland
existierende Universitätsasyl - was das Betreten von Unigelände durch
Polizei und Militär verbietet - sturmreif zu schießen, verließen die
Migranten, umzingelt von einem riesigen Polizeiaufgebot, nach einigen
Tagen die Fakultät. Mit vielen hundert UnterstützerInnen zogen sie in
einer Demonstration ins Mégaro Ypatía, einem Gebäude in der Nähe des
Archäologischen Museums um. Dort herrschen miserable Zustände, das Haus
ist viel zu klein und viele müssen in Zelten übernachten. Medien und
Politik üben enormen Druck aus, eine Legalisierung wurde kategorisch
ausgeschlossen.
Offen rassistisch erklärte die Staatssekretärin im Arbeitsministerium
Anna Ntalára: "Ich stimme keinesfalls mit der Forderung nach sofortiger
Legalisierung überein. (...) Diese Menschen haben keine Kultur, sie
sind anders als wir." Der Innenminister Chrístos Papoutsís rief alle
migrantischen Vereine auf, sich zu distanzieren und nicht zur
"Unruhestiftung" beizutragen. UnterstützerInnen und sogar die
Fährgesellschaft ANEK, mit der die Gruppe von Kreta nach Athen
übersetzte, wurden des "Menschenhandels" angeklagt. Für ANEK etwas
Neues, wurde sie doch bisher von AntirassistInnen für ihre
bereitwillige Kooperation bei Abschiebungen angegriffen.
Gesundheitsministers Andreas Lowérdos bezeichnete das Mégaro Ypatía als "Infektionsbombe" und "Gefahr für die Volksgesundheit".
Die Hungerstreikenden zeigen sich jedoch entschlossen. "Die Antwort auf
die Lügen und die Barbarei muss jetzt gegeben werden (...). Wir setzen
unser Leben aufs Spiel, um die Ungerechtigkeit zu unseren Lasten zu
stoppen. Wir fordern die Legalisierung aller MigrantInnen, wir fordern
die gleichen politischen und sozialen Rechte und Pflichten wie
griechische ArbeiterInnen."
Der Hungerstreik ist somit auch ein Arbeitskampf, ein Kampf für
Gleichberechtigung und gegen Sozialabbau. Zwar findet er in
Thessaloníki und Athen statt, doch sind die Forderungen global. Gerade
die BRD ist maßgeblich für die restriktive Flüchtlingspolitik der EU
verantwortlich.
Wir rufen dazu auf am 10. März Aktionen des zivilen Ungehorsams,
Kundgebungen und Demonstrationen in Solidarität mit den 300
Hungerstreikenden durchzuführen.
Mögliche Kundgebungsorte sind in vielen Städten zu finden. So z.B. die
Griechische Zentrale für Fremdenverkehr (GZF/EOT). Befindet sich kein
GZF/EOT Büro in Ihrer Stadt, bieten sich griechische Botschaften und
Konsulate, der Abschiebeknast in der Nachbarschaft oder einfach ein
belebter Platz im Zentrum an.
Legalisierung aller MigrantInnen - Solidarität ist eine Waffe!
Foto: Bettina Krummeck
Transparent am Arbeiterzentrum in Thessaloníki
"300 Migranten - Arbeiter - Hungerstreikende
Wir stehen an ihrer Seite bis zur Erfüllung ihrer Forderungen
Legalisierung aller Migranten"
Griechische Einrichtungen |
|||
|
|
Artikelaktionen