GIS*: Offener Brief der ArbeiterInnen von Fiat Mirafiori
Wir Fiat-ArbeiterInnen entschieden uns vor 30 Jahren für einen
niedrigen aber sicheren Lohn in die Fabrik zu gehen, von dem wir
hofften, dass er uns und unseren Familien eine würdevolle Zukunft
sichern würde. Eine kleine Sicherheit wurde uns gegeben. Durch den
Verkauf unserer Arbeitskraft konnten wir uns einige wenige Konsumgüter
leisten. Nach dem ersten Auto, das wir in Raten abbezahlten, nahmen wir
Hypotheken und Kredite auf, um unsere Kinder im Studium unterstützen zu
können und ihnen einmal eine bessere Zukunft zu ermöglichen.
Über Jahre haben wir Waren hergestellt, den Kompost auf dem das
kapitalistische System erwachsen kann. In der Fabrik redeten wir über
Aktien und Börsengeschäfte (und darüber wie dumm einige sein müssen
darin zu investieren), während täglich KollegInnen an ihrem
Arbeitsplatz ums Leben kamen.
Nun wird in der Fabrik das Mittel der Entlassung als psychologische
Waffe eingesetzt. Wenn Du nichts verdienst kannst du nichts ausgeben
und dann bist Du auch nichts. Du existierst gar nicht.
Das kapitalistische System will mit einem Schlag sowohl die
Vergangenheit (all die Rechte und Errungenschaften die durch Kämpfe,
die Opfer und den Tod unserer Väter erkämpft wurden) als auch die
Zukunft (die Möglichkeit, dass unsere Kinder studieren und sich
entfalten können) auslöschen – für eine Gegenwart, in der alles für den
sofortigen Verbrauch draufgeht.
Angesichts dessen und der in den letzten Jahrzehnten ansteigenden
Verarmung, denken wir, dass es nicht mehr ausreicht alleine oder in
Branchen zu kämpfen. Dies führt uns zu der Überzeugung, dass es
notwendig ist, Wege zu finden gemeinsam zusammenzukommen und uns
zusammenzuschließen.
Wir wollen gemeinsam kämpfen. Wir meinen, dass dies der einzige Weg
ist, die Situation für jene die arbeiten und jene die studieren zu
verbessern.
Gemeinsam, weil die Arbeitenden und die Studierenden
in den gleichen prekären Verhältnissen leben, die sich gegenwärtig
immer mehr verschlechtern.
Gemeinsam, weil die Studierenden von heute in eine
prekäre Arbeitswelt eintreten, und genauso wie unsere Eltern müssen wir
tun was wir können, um den Heilsversprechen derjenigen
entgegenzutreten, die aus den Leben der Schwächsten Kapital schlagen
wollen.
Heute müssen ArbeiterInnen und Studierende eine Brücke bauen (..) einen
Dialog und Einheit entwickeln, um die Angriffe einer Gesellschaft
zurückzuschlagen, in der einige Wenige über Viele entscheiden.
Deswegen rufen wir dazu auf, so schnell wie möglich nach dem Aktionstag
am 14. Dezember eine Vollversammlung von ArbeiterInnen und Studierenden
einzuberufen
ArbeiterInnen von FIAT Mirafiori ( unterstützt von ArbeiterInnen von
Agile-ex, Eutelia, Comdata sowie ZeitarbeiterInnen aus dem Schul-
Telekommunikations- und Sozialbereich)
*GIS = Die Gruppe Internationaler SozialistInnen ist ein marxistischer Diskussions– und Arbeitszusammenhang. Unser Orientierungspunkt ist die Tradition der Kommunistischen Linken, einer Strömung die frühzeitig Nationalismus und Stellvertreterpolitik bekämpft, und die Ideen des revolutionären Marxismus gleichermaßen gegen Stalinismus und Sozialdemokratie verteidigt hat.
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