Gastkommentar: Nein, danke - Warum ich kein Konto bei der Militärbank will
Vaterlandsverteidigung am Hindukusch zwecks Rohstoffgewinnung für die
deutsche Wirtschaft, das ist nicht neu. Neu aber ist das öffentliche
Bekenntnis aller beteiligten Interessen. Der Celler Appell ist Ausfluss
eines Celler Trialogs, der letzte Woche schon zum zweiten Mal in dem
niedersächsischen Bundeswehrstandort zwecks Schulterschlusses, wie es
heißt, stattfand. In diesem Trialog sollen die Schultern geschlossen
werden zwischen Wirtschaft, Bundeswehr und Banken, speziell der
Commerzbank, die das Ganze veranstaltet, weil in Deutschland die
"Einsicht in die Notwendigkeit" mit den "gewachsenen Aufgaben" nicht
"Schritt gehalten" hat. Dazu gehört mehr "Verständnis für die
Auslandseinsätze der Bundeswehr".
In seiner Abschlussrede betonte denn auch
Verteidigungsminister Jung, dass der "Schutz" - nein nicht der
Bundesrepublik - sondern der im Ausland eingesetzten Soldaten "oberste
Priorität" habe. Und damit keine Missverständnisse aufkommen, erklärte
Niedersachsens Ministerpräsident Wulff für sein sturmerprobtes
Territorium: "Dies Land ist ein Bundeswehrland." Entsprechend dem
Leitmotiv des Celler Trialogs: "Die Bundeswehr im Einsatz für unsere
Sicherheit - Wirtschaft und Politik an der Seite der Bundeswehr."
Vor der "hochkarätig besetzten Konferenz" sagte der
Aufsichtsratsvorsitzender der Commerzbank, Klaus-Peter Müller, mit
Blick auf das große öffentliche Interesse am "Auslandseinsatz" der
deutschen Elf bei der Fußball-EM: "Ich wünschte mir einen Bruchteil
dieser wohl verdienten Aufmerksamkeit auch für die täglichen, seit
Jahren erbrachten Höchstleistungen unserer Soldatinnen und Soldaten,
gerade jener im Auslandseinsatz." Die "Mannschaftsleistung der
Bundeswehr" verdiene mehr Wertschätzung, mehr Unterstützung - ideell,
"aber auch materiell!" Schließlich "erfordert der Bau eines Autos
allein 40 Rohstoffe".
Zwecks Vertiefung des "Dialogs zwischen Bundeswehr und
Gesellschaft" soll beim Celler Trialog ein "nationales Forum" künftig
regelmäßig eine "Bestandsaufnahme" vornehmen und "weitere Schritte"
beschließen. Gestartet ist schon eine "Initiative zwecks Förderung der
Reservisten in Industrie und Wirtschaft" zur "Intensivierung der
zivil-militärischen Zusammenarbeit".
Wie geht das? Werden junge Kunden der Commerzbank am
Kassenschalter vor der Auszahlung ihres Geldes im
sicherheitspolitischen Dialog von dem sie bedienenden
Reserveoberfeldwebel gefragt, ob sie auch wirklich schon gedient haben?
Und wenn ja: zur Sicherung ihres Kontos - im Auslandseinsatz gegen die
Taliban? Denn darum geht es, so Müller: Das "Wohl und Wehe der
Vereinigten Staaten" hänge bei einem Leistungsbilanzdefizit von rund
800 Milliarden Dollar "geradezu besorgniserregend" von der Bereitschaft
"asiatischer Investoren ab, ihr Geld in den USA anzulegen". Ihnen
verdanke es die US-Regierung, dass sie "hohe Haushaltsdefizite und
Rüstungsbudgets finanzieren" kann.
Fazit: Auch die Freiheit der Finanzmärkte, muss für die
Commerzbank am Hindukusch verteidigt werden, weil sonst asiatische
Investoren ausbleiben könnten. Und jeder, der die Freiheit unserer
Finanzmärkte auch und gerade im militärischen Einsatz verteidigen will,
wird deshalb freudig sein Konto bei der Commerzbank eröffnen. Ich
nicht.
Otto Köhler ist Schriftsteller und Publizist
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