Europa: Miese Arbeitsbedingungen gibt es allerorten - oder bei OBI (Update 10.02.11 17.30Uhr)
Die Arbeitsbedingungen
Die Löhne sind teils unterschiedlich, liegen häufen aber bei ca. 350
Euro pro Monat. Arbeiterinnen verdienen häufig weniger als ihre
männlichen Kollegen.
In einigen Märkten gibt es „flexible Schichtpläne“. Beschäftigte werden
gezwungen, an einigen Tagen Vierstundenschichten zu fahren und an
anderen Tagen bis zu zehn Stunden zu arbeiten. Die Schichtverteilung
ist häufig unvorherseh- und unplanbar. Viele Beschäftigte werden auch
gezwungen Sonntags zu arbeiten oder zu anderen Zeiten, an denen
andernorts nicht gearbeitet wird.
KollegInnen beschweren sich darüber, dass es massive Probleme bei der Berechnung von Überstunden gibt.
Andere ArbeiterInnen bei OBI beklagen sich darüber, dass sie nicht in
den Genuss der ihnen zustehenden Leistungen aus den Sozialfonds kommen.
Es gibt Berichte über Verletzungen, besonders im Zusammenhang mit dem
Transport schwerer Gegenstände. Die ArbeiterInnen beschweren sich
darünber, dass der Gerätepark zu alt ist und eigentlich nicht mehr
benutzt werden kann. Insbesondere marode Gabelstapler seien die Ursache
etlicher Arbeitsunfälle.
Ein weiteres Problem stellen Angriffe auf die Würde der ArbeiterInnen,
wie etwa Schikanen oder kaum versteckte Drohungen mit dem Verlust des
Jobs, dar. So gibt es beispielsweise Berichte von Beschäftigten eines
OBI-Marktes in Lodz über unerträgliches Mobbing im Jahr 2009. Die
übliche Haltung der Bosse ist: „Wenn dir der Job nicht gefällt –
niemand ist unsersetzbar“.
Immer wenn Beschäftigte berechtigte Forderungen stellen, bekommen sie
zu hören, das OBI ja eigentlich sowieso die Belegschaft reduzieren
möchte. Das geschieht auch tatsächlich. In vielen Filialen werden feste
Stellen durch Leiharbeit ersetzt. Auf der kreativen Suche nach
Einsparmöglichkeiten beim Personal, hat sich OBI außerdem etwas ganz
besonderes einfallen lassen: Man versucht, Teile der Belegschaft durch
„Elektronisches Verkaufspersonal“ zu ersetzen. Das sind Puppen, die via
Sprachein- und -Ausgabe einfache Fragen der Kunden beantworten sollen.
Es handelt sich um ein Testprojekt, das zu Beginn des Jahres u.a. in
einem Warschauer OBI-Markt installiert wurde. In mindesten einem Fall,
hat man die elektronische Verkäuferin sogar mit „Proletenslang“
ausgestattet.
Angriffe auf gewerkschaftliche Organisierung
OBI kann in Polen auf eine Geschichte von Angriffen auf die
Gewerkschaftsfreiheit zurück blicken. Ein erster Versuch
gewerkschaftlicher Organisierung bei dem deutschen Baumarkt-Multi wurde
2001 in Warschau erfolgreich verhindert. Danach tat sich erst einmal,
nichts mehr, bis eine der traditionellen sozialpartnerschaftlichen
Gewerkschaften im Jahr 2010 ein neuen Anlauf in Krakow machte. Einer
der aktivsten Gewerkschaftsmitglieder wurde gefeuert, einer weiteren
Kollegin wurde die Entlassung angedroht. Die entlassenen Kollegin ging
vor das Arbeitsgericht, hatte aber zwischenzeitlich einen Job zu
besseren Bedingungen bei einer konkurrierenden Kette gefunden. Dort
wurde ihr mittlerweile ebenfalls gekündigt, nachdem man dort von ihrer
Gewerkschaftstätigkeit bei OBI erfahren hatte.
Es ist auch sonst nicht ungewöhnlich, dass GewerkschafterInnen vom
Management schikaniert werden. Oft geschieht das in Form aller
möglichen Drohungen hinsichtlich notwendiger Personaleinsparungen. In
einer anderen Stadt bekam ein Kollege, der die Arbeitsbedingungen
problematisierte, sofort eine Abmahnung und es wurde mit Entlassung
gedroht.
Die Forderungen der ArbeiterInnen
Einige der nachfolgenden Forderungen wurden von der Gewerkschaft in der
Filiale in Krakow aufgestellt, andere stammen von KollegInnen aus
verschiedenen Filialen, die begonnen haben sich untereinander zu
vernetzen.
Gefordert wird ein Ende der Lohndiskriminierung für Arbeiterinnen und
ein Ende der Drohungen gegen GewerkschafterInnen. Weiterhin soll OBI
damit aufhören, feste Stellen durch solche von Sklavenhändlern
(Zeitarbeitsfirmen) zu ersetzen. Desweiteren wollen die Beschäftigten
ein permanente Lohnerhöhung in Form eines Festgeldes von 500 Zloty (ca.
125,- Euro) pro Monat, eine verbindliche Regelung für die Überstunden,
und einen Lohnaufschlag von 100 Zloty (ca. 25,- Euro) für
Sonntagsarbeit. Sie fordern weiterhin den Ersatz von maroden
Gerätschaften (z.B. alte Gabelstapler) und Verbesserungen des
Gesundheitsschutzes sowie der Arbeitssicherheit. An Heiligabend und
Sylvester soll nicht gearbeitet werden. Zu den Forderungen gehören auch
die nach einem Ende des Einsatzes anonymer Testkäufer zur Kontrolle der
KollegInnen („V-Test“ oder „Verkäufer-Test“) und ein Ende von
Mobbing-Taktiken. Die Pläne zum Personalabbau und zum Einsatz
„elektronischen Verkaufspersonals“ sollen aufgegeben werden. Außerdem
wird gefordert, die Reingungspauschale für Arbeitskleidung auf 50 Zloty
(ca. 12,50 Euro) zu erhöhen.
Und Action...
In Polen gab es in Januar bereits Solidaritätsaktionen.
Für die kommenden Wochen sind u.a. in Warschau Aktionen zur
Unterstützung der OBI-Beschäftigten geplant. Von Seiten der KollegInnen
besteht großes Interesse an Kontakten zur ArbeiterInnen in der BRD (dem
Konzernsitz von OBI) und von Solidaritätsaktionen dort.
(Nach Informationen der ZSP-IAA und des Netzwerkes von OBI-Beschäftigten)
Zum Weiterlesen: |
|||
|
|
Artikelaktionen