Berlin: Lohnkampf in Friedrichshainer Spätverkauf erfolgreich beendet
Der Kollege hatte mehrere Jahre in dem Spätkauf gearbeitet und nach dem
Zerwürfnis mit seinem Chef rückwirkend Lohn eingefordert. Schließlich
hatte er dort auf Mini-Job-Basis (120 Euro monatlich) bis zu 60 Stunden
in der Woche gearbeitet. Zusammen mit seiner Gewerkschaft FAU Berlin
hatte sich der Kollege entschieden, den Fall juristisch klären zu
lassen und mit öffentlichem Druck zu begleiten. Der Ladeninhaber
reagierte ungehalten und ging anwaltlich und juristisch gegen den
Kollegen vor. Auch die Internet-Portale Trend-Infopartisan und
Labournet wurden dabei verwickelt. Gegen Trend versuchte der
Ladeninhaber gar eine Einstweilige Verfügung wegen eines Berichts zu
erwirken.
Dass die Internet-Portale nicht zurückgewichen sind und der
Ladeninhaber vor Gericht gegen Trend scheiterte, dürfte dem Inhaber
nochmals deutlich gemacht haben, dass seine Position nicht haltbar ist.
In der Zwischenzeit hatte die FAU Berlin, unterstützt von
StadtteilbewohnerInnen und der Stadtteilgruppe InterKomms, aber auch
der ASJ Berlin, Druck auf den Ladeninhaber aufgebaut. Mit zahlreichen
Informationsveranstaltungen, zwei Kundgebungen und der Verbreitung von
Informationen im Kiez wurde umfassend über den Fall informiert. Dieser
wurde zu einem kleinen Politikum, so dass Ladenbesitzer vor Gericht
über Umsatzeinbußen von 50 Prozent klagte.
Mitte Dezember, nachdem der Ladeninhaber weiter unter Druck geraten
war, u.a. wegen der juristischen Niederlage gegen Trend, gab dieser
letztlich seine Verweigerungshaltung auf, so dass sich eine Einigung
abzeichnete. Diese konnte letztlich am Tag des Gerichtstermins erreicht
werden, zur Zufriedenstellung des Kollegen. Ein Richterspruch war nicht
notwendig. Jetzt ist auf die Einhaltung zu achten.
Ein kleines Resümee
Die FAU Berlin zieht eine positive Bilanz. Der Lohnkampf ist ein
anschauliches Beispiel dafür, wie widrig es ist, sich in prekären
Ökonomien gegen die eigene Ausbeutung zu wehren. Die Gründe, warum sich
dort kaum jemand (erfolgreich) wehrt, wurden im Laufe des Konflikts
mehrfach benannt. Dabei gibt es durchaus Möglichkeiten, zu seinem Recht
zu kommen, unter anderem auf juristischem Wege. Mit einer Gewerkschaft
im Rücken ist dieser Weg nicht nur leichter zu gehen, diese kann auch
öffentlichen Druck und Solidarität herstellen. Auch die Rolle linker
Medien, die dazu beitragen können, die Gegenseite zumindest zu
beunruhigen, darf nicht unterschätzt werden.
Dabei sind die Möglichkeiten, wie in solch individualisierten
Konflikten in prekären Klitschen agiert werden kann, gewiss nicht
ausgeschöpft worden. Im Vordergrund stand bei diesem Fall, von dem
Kollegen Schaden abzuwehren und eine für ihn akzeptable Lösung zu
erzielen. Darüber hinaus sollte der Fall aus seiner Isolierung geholt
und in den breiteren Zusammenhang gestellt werden. Er sollte
nachhaltige Spuren hinterlassen und etwa zu ähnlichem Widerstand
animieren. Ob dies gelungen ist, wird sich noch zeigen. Auf den
Erfahrungen des Lohnkampfes lässt sich zumindest aufbauen, um zukünftig
in ähnlichen Fällen effektiver zu Lösungen zu kommen und die
Organisierungsansätze, etwa im Stadtteil, weiterzuentwickeln.
Die Möglichkeiten der Kämpfe in solch prekären Bereichen scheinen oft
begrenzt. Vereinzelung und Einschüchterung überwiegen. Wer sich wehrt,
hat allein nur geringe Druckpotentiale: ein Streik läuft schlichtweg
ins Leere. Zudem stehen auch die Ladeninhaber häufig finanziell mit dem
Rücken an der Wand und dürften nicht gerade verhandlungsbereit sein.
Sich hier des Instruments der Gerichte zu bedienen, dürfte vorerst kaum
zu vermeiden sein, wenn eine einigermaßen schnelle und sichere Lösung
her soll. Doch es zeichnet sich allmählich ab, wie auch
gewerkschaftlich in diesen höchst prekären und individualisierten
Fällen Druck erzeugt werden kann.
Diese Ansätze sind zweifellos mühselig und mobilisierungsintensiv. Sie
setzen aber in Bereichen an, die gewerkschaftlich verloren gegeben
wurden und wo die Löhne ins Bodenlose fallen. Hier gilt es, als
klassenkämpferische Gewerkschaft die Mühen nicht zu scheuen. Eine
breitere Organisierung eröffnet dabei die Möglichkeit, nicht immer
improvisieren zu müssen und die anzuwendenden Taktiken in solchen
Konflikten weiterentwickeln zu können. Ein solcher Raum von
(erfolgreichen) Erfahrungen kann letztlich auch dafür sorgen, dass
Betroffene eher den Konflikt wagen.
Presseschau zum Konflikt |
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